Live Review
Berlin, Cassiopeia – 9.2.2010
Cannabis Corpse, Henry Fonda
Herzlich Willkommen zu einem verräucherten Bericht über ein Ereignis, über das man noch in Jahrzehnten reden wird…zumindest die paar bekifften Seelen, die dabei waren. Was diesen Moment so historisch macht, ist die Tatsache, dass Cannabis Corpse aufgrund des Wetters ihre ersten paar Gigs absagen mussten und dementsprechend heute ihren ersten Europaauftritt überhaupt spielen. Das erzählt mir der überraschend cleane Sänger jedenfalls am Shirtstand, wo die Band Shirts mit schreiend komischen Motiven für 15 Öcken das Stück vertickt. Daneben verkauft die einzige Vorband Henry Fonda alle möglichen Artikel von Tapes bis Fanzines. Ursprünglich sollten auch die einheimischen Thrasher Tracer spielen, aber die haben, aus bisher ungeklärten Gründen(Gittarist fehlt- Red.), abgesagt. Dementsprechend verzögert sich der Beginn, was viele Fans dazu nutzen, ihre Tütchen auszupacken, und was gegen die geruchlose Luft zu unternehmen.
Gegen 21:45 beginnt dann mit HENRY FONDA auch der musikalische Reigen. Der Vierer spielt ziemlich rüpeligen Oldschool Grindcore, und wirkt dabei ziemlich routiniert. Der Sänger betritt die Bühne gar nicht, sondern brüllt sich direkt vor dem Publikum in Rage und der Drummer, der heute seine letzte Show bestreitet, spielt nach Aussage der Restband viel zu schnell, was auch erklären würde, warum das Quartett nach nur 20 Minuten fertig ist. Textlich geht es offenbar um so ernste Themen wie Homophobie, Rassismus, Massenmedien und den Pizzaboten. Leider versteht man davon aufgrund der Vocals eher mal gar nichts, was in mir die allgemeine Frage hochspült, warum gerade im Grindcore so häufig gesellschaftskritische Texte geschrieben und in die Welt rausgegrunzt werden. Egal, denn der Auftritt ist unbedingt unterhaltsam, und so gibt es zumindest ein paar vereinzelte Zugaberufe.
Nach einer angenehm kurzen Umbaupause folgt dann der historische Moment: Vier Gestalten stapfen auf die Bühne, malträtieren kurz ihre Instrumente, und dann geht es auch schon los. Die Show funktioniert nach guter, stumpfer Cannibal Corpse Machart, allerdings ist die Musik von CANNABIS CORPSE einen Tick grooviger und nicht ganz so technikverliebt – was bei den verjointen Jams (Fachbegriff: Joint Ventures), in denen sie entstanden ist, auch kein Wunder ist. Anders als weite Teile des Publikums sind CANNABIS CORPSE im Übrigen immer noch clean, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie ihr ganzes Gras bereits in Amsterdam aufgeraucht haben. Naja, das Publikum schafft Abhilfe, und die Band rockt sich durch einen knapp einstündigen Nackenbrecher-Set, der keine Wünsche offen lässt. Leider brauchen die Zuschauer eine Weile, bis auch außerhalb der ersten Reihe gröbere Bewegung ausbricht, und auch die Band braucht einen Moment, um sich einzuspielen. Das ist aber im Laufe des Sets vergessen, und am Ende der Show kann man den ersten Europaauftritt von Cannabis Corpse als vollen Erfolg verbuchen. Nur – einmal mehr – etwas länger wäre wirklich schön gewesen.
Fazit: Death Metal ist die bessere Chillmusik.
Review von Felix
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