Live Review
Berlin, K17 – 16.9.2010
Tim Ripper Owens, Crimes of Passion
Das Wetter wird herbstlich und der Konzertkalender auch, sprich: Die Bands sind von der Festivalsaison motiviert und kommen gleich scharenweise in die Clubs, um ihrem Publikum etwas näher zu sein als auf den großen Festivalbühnen. Heute ist es Ex-Priest und Iced Earth-Fronter Tim „Ripper“ Owens, der Berlin besucht und dabei ein Best Of aus seiner Karriere verspricht. Das Interesse daran scheint nicht allzu groß zu sein, jedenfalls ist das K17 die ganze Veranstaltung hindurch eher spärlich gefüllt. Ob das an der bekannten Trendabhängigkeit der Berliner liegt, die leider auch die Metalszene nicht verschont, oder an Owens, der für viele einfach immer nur der Ersatzmann bleiben wird, sei mal dahingestellt.
Der Blick zum Merchstand fällt leider eher ernüchternd aus. Während die einzige Vorband Crimes of Passion tonnenweise Merch zu fanfreundlichen Preisen am Start hat (Die Norweger Thunderbolt haben aus bisher ungeklärten Gründen abgesagt), gibt es von Owens nur Schirmmützen und Fanpakete (mit u.a. einem Poster, Postkarten, Plektren und einer Promo CD) zu je 15 Euro.
CRIMES OF PASSION erwischen einen schwierigen Start. Der Saal ist fast leer, die Engländer haben Soundprobleme, kaum Platz und ziemlich belangloses Songmaterial. Sänger Dale Radcliffe ist der größte Aktivposten der Band, braucht aber auch ein paar Songs, um das spärliche Publikum aufzuwärmen. Zur Halbzeit bekommt das sympathische Quintett die Kurve aber noch einmal. Der Sound ist wesentlich klarer als zu Beginn, die Truppe hat sich warmgespielt und auch das Songmaterial wird beständig stärker. Leider erhöhen sich die Publikumsreaktionen nur marginal. Erst beim abschließenden Dio Cover „Holy Diver“, das beschleunigt und härter als im Original gespielt wird, taut das Publikum endgültig auf, und es finden sich mehr als zwei oder drei Headbanger.
TIM RIPPER OWENS tritt bereits kurz danach die Flucht nach vorne an und präsentiert sich von Anfang an von seiner stärksten Seite. Sein Eröffnungssong heißt „Painkiller“ und ist vertontes Adrenalin. Er präsentiert diesen Song mit einer mitreißenden Energie, die Rob Halford schon immer gefehlt hat – und die deutlich macht, welch großer Fehler es war, ihn bei Priest zu Gunsten des abgehalfterten Rockopas zu feuern. Und auch sonst hält die Setlist viel von dem, was der Name TIM RIPPER OWENS verspricht. Beyond Fear, Judas Priest und RIPPERS Solowerk werden berücksichtigt – lediglich Iced Earth werden sträflich vernachlässigt. Songs wie „Breaking the Law“, „Scream Machine“ und „Starting Over“, dazu der großartige Dio Tribute „Children of the Sea“ von Black Sabbath – letzteres sorgt für absolute Gänsehaut und durchaus auch die eine oder andere Träne. Damit zeigt man die Eckpunkte des leider nur knapp einstündigen Sets auf, der den Fans verständlicherweise viel zu kurz ist.
Über OWENS Stimme braucht man kaum Worte zu verlieren – es fällt aber auf, dass er seit seinem Rauswurf bei Iced Earth an Selbstsicherheit dazu gewonnen hat, was sich teilweise in einer angenehm selbstironischen Note niederschlägt (Blick aufs spärliche Publikum: „Ich hätte das Konzert vielleicht promoten sollen…“). Heute ist er mit seinem Ding in der Stadt und muss sich niemandem unterwerfen, und das tut ihm definitiv gut. Er gibt von der ersten bis zur letzten Sekunde lang alles und zeigt sich danach noch fannah, gibt Autogramme und betreibt Smalltalk mit den Fans.
Die restlichen Bandmitglieder von Beyond Fear sind heute nur Erfüllungsgehilfen für RIPPER, haben aber Spaß an der Sache und sind optimal aufeinander eingespielt, was sie viel wertvoller macht als ein Kollektiv an Mietmusikern. So wird von vorne bis hinten gepost und auch technisch ist natürlich alles im grünen Bereich.
Fazit: Warum schafft es kaum noch ein Headliner über eine Stunde zu spielen? Ripper hat bei Judas Priest und Iced Earth gezeigt, dass er durchaus lange spielen kann. Trotz spärlicher Kulisse sollte da ein bisschen mehr drin sein. Das und das fehlende Merchandise geben Abzüge in der B-Note für einen sonst hervorragenden Gig.
Review von Felix
Fotos von Kalle Rock
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