Interview
Annihilator, 14.10.2010
Mit ihrem selbstbetitelten neuen Album haben ANNIHILATOR ein starkes neues Album auf den Markt geworfen und kommen das erste Mal seit langem Mal wieder auf Headlinertour nach Europa. Die BERLIN METAL LEGION befragte Jeff Waters zum neuen Album, der Tour und was halt noch so ansteht.
Berlin Metal Legion: Hi Jeff, wie geht‘s?
Jeff Waters: Ich bin krank. Uns ist im Tourbus am Dach was kaputt gegangen. Da ist jetzt ein Loch. Wenn wir nachts fahren, kommt also kalte Luft in den Bus, also sind vier von uns krank. Aber morgen kommen wir nach Hamburg, und da bekommen wir einen neuen Bus.
BML: Also wartet ihr jetzt nur noch auf Hamburg, weil ihr da einen neuen Bus bekommt.
JW: Hamburg ist ein guter Ort für uns, denn dort bekommen wir einen neuen Bus.
BML: Daran werdet ihr euch immer erinnern…
JW: Yeah! Aber die Tour läuft bisher ganz gut. Wir haben jetzt sieben Shows gespielt und beginnen gerade, als Band besser zu werden. Die Shows in der ersten Woche sind immer nicht so gut. Aber inzwischen läuft es.
BML: Und magst du das Touren im Allgemeinen? Ist es das, worum es geht, wenn man in einer Band spielt?
JW: Es ist ein Teil davon. Wir würden gerne mehr touren, aber manchmal, wenn die Promotion von der Plattenfirma beschissen ist, ist es schwierig, von Kannada aus hierher zu kommen. Also habe ich diesmal gesagt, wenn die Plattenfirma uns nicht oder schlecht promotet, was sie dankenswerterweise nicht getan hat, dann nehme ich mein eigenes Geld, um hier touren zu können.
BML: Eure letzte Tour hier war doch die mit Iced Earth, oder?
JW: Yeah, und mit Trivium und ein paar andere.
BML: Was ist der Unterschied zwischen dem Mitfahren auf einer Tour und Headliner zu sein?
JW: Naja, ich wollte ja mit anderen Bands touren und Special Guest sein, weil ich mit Bands mit einem anderen Publikum, anderen Fans, touren wollte. Trivium und Iced Earth haben komplett unterschiedliche Fans, und gerade die Trivium Tour hat uns viel gebracht, weil Trivium viele junge Fans haben, die dann Annihilator Platten gekauft haben und Fans geworden sind.
BML: Manche Leute haben ja gesagt, es sei blasphemisch, dass Annihilator für Trivium eröffnen müssen, da Annihilator die bessere Band sind.
JW: Ja, aber viele Trivium Fans denken, das Trivium die bessere Band ist. Es ist auch egal, denn es gibt so viele tolle Bands, aber ich verstehe, was du meinst. Es ist halt ein komplett anderer Stil und andere Musik. Die Jungs von Trivium sind sehr jung, und es war sehr respektvoll und cool von ihnen, uns mitzunehmen, denn als Trivium und Annihilator in England gespielt haben, waren da 2000 oder 3000 oder 4000 Leute pro Nacht. Trivium sind in Großbritannien sehr bekannt und beliebt. Wir haben in Großbritannien vor 40.000 oder 50.000 oder vielleicht sogar 100.000 Leuten gespielt, die keine Ahnung hatten, wer Annihilator sind.
BML: Lass uns zum neuen Album kommen. Du hast in einem oder zwei Interviews gesagt, dass dieses Album eine neue Ära für Annihilator starten wird.
JW: Nein! Es ist nur eine weitere Annihilator CD, aber weil sie selbstbetitelt ist und kein Logo hat und außerdem noch ein für Annihilator untypisches Cover hat, das eher nach Death Metal aussieht, dachten viele Leute, das es ein Neubeginn sein muss oder ein neuer Stil. Das ist es nicht, es ist nur das nächste Album.
BML: Du hattest kein Label, als du das neue Album aufgenommen hast. Mochtest du das, oder warst du eher verunsichert, weil du keine große Promotion Maschine im Rücken hattest?
JW: Erst waren wir sehr unsicher, aber irgendwann ist uns klar geworden, das es keine Deadline gab, keinen Druck, schnell fertig werden zu müssen. Also haben wir halt mal einen Monat gearbeitet und dann auch mal einen Monat Pause gemacht, um danach weiter zu arbeiten. Das war das erste Mal, dass wir so gearbeitet haben. Normalerweise gibt es immer Druck und Deadlines, wann das Album fertig sein muss, und danach geht man auf Tour. Diesmal war es sehr, sehr cool.
BML: Hört sich sehr entspannt an…
JW: Beim nächsten Album machen wir es genauso.
BML: So könnten Annihilator also in der Zukunft funktionieren… Einer meiner Lieblingssongs vom neuen Album, auch wegen des Textes, ist „The Trend“. Ist das dem Trend folgen etwas, was du in der Musikszene beobachtest, oder ist das eine Art, wie die Menschheit funktioniert?
JW: Nein, du kannst das aus dem Text herauslesen, wenn du willst, aber ich habe diesen Song über eine kleine Gruppe von Bands geschrieben, die vor vier oder fünf Jahren noch nichts mit Metal am Hut hatten. Aber seitdem Metal wieder größer wird, kommen diese Bands und sagen: „Oh, wir sind so Metal, wir lieben Slayer und Metallica, das Schwarze Album und „Master of Puppets“. Die meisten dieser Bands haben keine besonders lange Karriere, weil sie nur auf einen Zug aufspringen und dem Trend, der gerade populär ist, folgen. Es gibt ein paar Bands, bei denen das funktioniert, aber bei den meisten nicht, denn da draußen sind viele Fans, die das als unehrlich betrachten, als etwas, das nicht richtig ist. Und die Leute aus meiner Generation wollen das nicht. Die wollen nicht, das Annihilator plötzlich wie Bullet for my Valentine oder Avenged Sevenfold klingen oder Metallica oder Slayer oder irgendwen sonst kopieren. Die wollen nur, dass wir unsere Musik spielen.
BML: Also eher eine natürliche Herangehensweise…
JW: Der Song ist nur eine Beobachtung. Wir haben gesehen, dass es ein paar Bands gibt, die Fakes sind.
BML: Ein anderer starker Song mit interessantem Text ist „Nowhere to go“. Gab es ein persönliches Erlebnis, das dich zu dem Text inspiriert hat?
JW: Yeah. Als ich zurück nach Ottawa, wo ich lebe, kam und mit dem Auto durch die Innenstadt fuhr, sah ich zwei Jugendliche, einen Jungen und ein Mädchen, in ihren Schlafsäcken schlafen. Ich hielt an und setzte zurück und fragte sie, warum sie auf der Straße schliefen. Sie sagten, sie könnten nicht zu Hause bleiben, weil ihre Eltern heroinabhängig sind. Ich hab mir nur gedacht, Ottawa ist die Hauptstadt von Kannada, und dort gibt es Kinder, die auf der Straße schlafen. Das ist für Kannada, eines der reichsten Länder der Welt, einfach nicht richtig! Also habe ich einen Song darüber geschrieben.
BML: So etwas kannst du hier auch finden. Ich denke, das gibt es überall. Egal, auf welches Land du schaust.
JW: Aber in Ottawa und in Kannada im Allgemeinen ist es zumindest nicht so häufig. Man sieht nur selten Obdachlose auf der Straße, und wenn doch, wollen sie auf der Straße sein, denn unsere Regierung gibt jedem Krankenversorgung und einen Platz zum Leben, sie gibt jedem Nahrung und Kleidung. Niemand muss auf der Straße leben, es sei denn, er hat mentale Probleme. Ich war einfach nur traurig wegen dieser Kinder, also habe ich ein Lied darüber geschrieben.
BML: Du hast viele Interviews zum neuen Album gegeben. Welche Frage kam am Häufigsten?
JW: Ist das neue Album ein Neuanfang?
BML: Okay, ich hätte eher an die 66 Soli gedacht…
JW: Das ist definitiv die Nummer zwei!
BML: Ihr seid ja jetzt bei Ereache. Mögt ihr Ereache? Ich war etwas überrascht, als ich gehört habe, das Annihilator jetzt dort sind…
JW: Wir hatten in der Vergangenheit schon einige gute Labels, wie SPV, die jetzt leider Probleme haben, aber trotzdem sehr gut sind. Dann Roadrunner Records, bei denen wir zweimal waren. Und nun haben wir halt ein kleineres Label, die auch nicht viel Erfahrung außerhalb von Großbritannien haben, in Großbritannien sind sie am stärksten. Aber wir haben viel Promotion außerhalb von Großbritannien bekommen, in Deutschland und auch anderswo. Die machen die Promotion, und sie machen einen großartigen Job. Mal schauen, was passiert.
BML: Wer hatte eigentlich die Idee für die „Total Annihilation“ Download CD?
JW: Einer der Labelleute hat sich gefragt, wie man die Leute für ein paar ältere CD’s interessieren kann und mich dann gefragt: „Warum geben wir ihnen nicht ein paar Gratissongs von jeder CD?“ Das war eine gute Idee. Viele Leute haben sich die CD runtergeladen. Der Kerl hat die Songs ausgesucht und mir eine Liste geschickt. Ich hab nur einen Song von „King of the Kill“ geändert, aber der Rest war in Ordnung. Die Compilation ist für ein paar junge Fans, die die alten CD’s noch nicht kennen.
BML: Okay, lass uns ein Spiel spielen. Ich sage dir einen Albumtitel und möchte deinen ersten Gedanken dazu wissen. „Metal“.
JW: Meins?
BML: Yeah…
JW: Coole Gäste.
BML: „Schizo Deluxe“
JW: Die unterbewertetste Annihilator CD.
Berus: (unqualifiziert aus dem Hintergrund): Yeah!!!
BML: „Refresh The Demon“
JW: Cooler Livesong. Es hat Spaß gemacht, das Album aufzunehmen. Es war irgendwie anders…
BML: „Alice In Hell“
JW: Eher eine Demo als ein Album, aber es hat ein tolles Feeling. Technisch war es nicht so besonders, aber es hat einen Haufen Energie. Ein legendäres Demo, das ein Album war.
BML: „Number Of The Beast“
JW: Das „Back in Black“ für Iron Maiden, so wie „Piece of Mind“ „For Those About to Rock“ war.
BML: „Highway to Hell“
JW: Das letzte großartige Bon Scott Album, und es hat für AC/DC etwas verändert. Es war das beste AC/DC Album bis zu Bons Tod, und das nächste, „Back in Black“, war ihr bestes Album aller Zeiten.
BML: Also magst du „Back in Black“ mehr.
JW: Yeah!
BML: Death Magnetic
JW: Das hat mir eine Menge Erinnerungen zurück gebracht, weil mein Lieblingsalbum von Metallica „…And Justice For All“ ist und der Sound (von „Death Magnetic“, Anm. des Verf.) führt ein bisschen zurück zum Sound von „…And Justice For All“, so wie sie früher gespielt haben.
BML: Wir sind am Ende. Hast du noch irgendwas zu sagen?
JW: Ich habe das Interview genossen und hoffe, dass einige junge Fans sich Annihilator anhören werden und die Chance haben, Annihilator bald auf Tour zu sehen. Wenn nicht auf dieser Tour, dann auf der Nächsten.
Interview von Felix Patzig
Fotos von Fabian Blackwater
Die englische Version des Interviews könnt ihr gerne auf Anfrage zugeschickt bekommen.
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