Freitag, 12. Oktober 2012

Oomph! - Konzertbericht Huxleys Neue Welt Berlin

Im Rahmen ihrer „Des Wahnsinns fette Beute“Europatour sind die drei fleißigen Wolfsburger von OOMPH! heute zu Gast im schönen Berliner Huxley´s. Im Gepäck haben sie dabei ihr zur Tourgleichnamiges neues Album, an dem sich wahrlich die Geister scheiden. Von einigen  wird es sehr müde belächelt, von anderen als weitere musikalische Entwicklung der Band akzeptiert. Nicht nur ich bin somit sehr gespannt wie der neue Stoff live umgesetzt wird und beim Publikum ankommt.
Wie immer bei Oomph! Konzerten ist jenes Publikum bunt gemischt, es treffen die eingefleischtenälteren auf die neue junge Hörergeneration seit dem Durchbruchsalbum „Wahrheit oder Pflicht“

Doch der Reihe nach. Zuerst betraten nämlich pünktlich um 20Uhr die schwedischen Supporter von BLOWSIGHT die Bühne. Ihre Musik beschreiben sie selbst als einen Cocktail aus Punk, Metal und Hardrock. Gelobt von der Presse haben sie außerdem bereits viel Aufmerksamkeit mit ihrer Version von Lady Gaga´s Pokerface erhaschen können. Man merkte schnell, dass die vier einiges drauf haben, mit enormer Energie und Spielfreude versuchen sie die Berliner zu wecken. Leider sind noch viele Löcher in der Halle zu sehen. Das ist BLOWSIGHT aber egal, mit Leichtigkeit tragen sie ihre aus den genannten Genres bestehenden Songs vor, gespickt mit einigen flotten Sprüchen und Anekdoten, die bei den Zuhörern ankommen. Spätestens ab dem dritten Song „666“ können sich viele auch zustimmendes Kopfwippen nicht mehr verkneifen. Es folgen 2 Songs ihres im Oktober erscheinenden Albums „Live and Death“, die ebenfalls überzeugen. Der Coversong „Pokerface“ war dann für viele Besucher sicher das Highlight. Klasse, was man aus dem Song noch so machen kann! Anschliessend sucht dann der Sänger Nick Red, der im übrigen eine sehr gute Live-Stimme hat, noch Körperkontakt mit den Berlinern. Nach 45 Minuten endet eine abwechslungsreiche und unterhaltsame Show und unter viel Applaus machen sie dann die Bühne frei und haben sicher einige neue Sympathisanten gewonnen. Der Sound ist, bis zu diesem Zeitpunkt, zufriedenstellend, zwar natürlich noch nicht auf 100, aber man sollte trotzdem alles gehört haben.

Nach 20 minütiger Verschnaufpause heißt es dann passend zum rustikalen Bühnenbild: AHOI! Die Zwangsjacken waren gestern, die komplette Band entert in feinstem Seemannszwirn und begleitet von einem penetranten Schiffshorn die Halle. Nur Dero fällt etwas aus der Rolle und sieht dank roter Hose und Umhang aus wie ein gescheiterter Superheld , wird aber selbstverständlich mit dem größten Jubel empfangen. Den Kennern fallen sofort die Änderungen im Lineup auf. Zu Flux, Crap Dero und Livebassist Hagen gesellen sich nun Elfriede (Keyboard) und Okusa (Percussion) . Neuer Drummer ist ein gebürtiger Berliner, genannt Sivestri.


Die ersten 15 Minuten gehören den schnörkelosen Rocksongs. „Unzerstörbar“ ist hier als passender Opener gewählt und macht gleich klar, dass OOMPH! trotz vieler elektronischer Klänge auf dem neuen Album immer noch mit massiven Gitarrenriffs auf die Fresse geben können.So geht es auch mit den 2 folgenden Songs weiter. Dero permanent am rotieren, rennen und Springen auf der  Bühne. Viel Freude hat er ebenfalls an seiner eigenen Standtom neben dem Mic, mit der er diverse Schläge betont, in Anlehnung an seine früherer Zeit als Drummer. Auch Gitarrist Flux heute mit viel Bewegung, hab ihn so gar nicht in Erinnerung. Nach diesem Block ist wohl jetzt jeder in der Halle auf Betriebstemperatur. 2 Sachen fallen auf: Die ganze Band hat richtig Bock  zu spielen und ich behaupte das es auch am neuen Drummer liegt. Präzise und kraftvoll macht er der restlichen Band Feuer unterm Hintern, eine gute Wahl! Es folgt der erste Gruß ans Publikum und Dero entledigt sich
seines Umhanges. Weiter geht es nun mit einem echten Klassiker. „Das weiße Licht“ kommt live immer super, die sphärischen Klänge erzeugen Gänsehautatmosphäre. Passend dazu lässiges Arme schwingen von 80% der Halle, sah sehr gut aus. Etwas voller ist es zum Glück übrigens geworden, nur dezente Lücken, schätze so 1000 Leute anwesend.
„Bis der Spiegel zerbricht“ wird solide gespielt und fällt nicht weiter auf, spannender wird es dann beim Hit „Träumst du“. Kennt jeder, mag jeder und es wird zum ersten Mal die Festigkeit des Hallenbodens getestet. Der Sound bis hierhin übrigens tip-top, alles schön hörbar und im harmonischen Verhältnis, besonders beim Gesang kann man wirklich jedes Wort verstehen, was ja nicht immer der Fall ist.
Eingeschoben wird nun das sehr harte ältere Werk „Wunschkind“. Dero kündigt das zwar an, trotzdem sehe ich viele fragende Gesichter. Der Song kommt dann auch nicht wirklich gut an, keine Bewegung im Pulk, leider auch schwammig gespielt und zu „lieb“.
Mithilfe einer Anekdote über Rob Halfords Entdeckung der Heavy Metal Kluft wird zum tanzbaren Teil des Abends übergeleitet. Der an einen Bronski Beat Klassiker angelehnte Song „Kleinstadtboy“
ertönt und lässt kurze Discostimmung aufkommen. Da man dann gerade dabei ist und ja auch die Band passend erweitert hat, gibt es nun eine schöne Überraschung. Crap wechselt das Instrument und erzeugt zusammen mit Elfriede Synthiesounds zu den beiden EBM-Songs „Mein Herz“ und „der neue Gott“. Kaum zu glauben, damit hatte alles vor 20 Jahren begonnen! Vielen älteren Fans leuchten die Augen, auch Dero bemerkt süffisant: so tanzte man halt in den 90´! Damit haben wohl die wenigsten gerechnet.
Das OOMPH keine Experten für Balladen sind, zeigt der Song „Regen“. Dero wird nur vom Keyboard begleitet, hier bringt er eindrucksvoll seine (Live-)Gesangsqualitäten unter Beweis , trotzdem berührt er eher wenige. Im Anschluss wieder 2 obligatorische  Hits für jedermann, es wird endlich wieder gerockt auf und vor der Bühne. Das bei OOMPH! mittlerweile auch geschunkelt werden kann, zeigt dann „Seemannsrose“. Klamauk, Folklore der Einsatz eines Akkordeons sorgen für  belustige Stimmung. Hätte man sich sicher auch vor 10 Jahren nicht träumen lassen.
Nachfolgend verlangt die Band eine Wall of Death zum jetzt wieder düsteren „Mitten ins Herz“.Klappt leider trotz Erklärung so gar nicht, der Song lädt trotzdem zum bangen ein.
„Auf Kurs“ und „Sex hat keine Macht“ werden in musikalisch etwas abgespeckter Form wiedergegeben, was durchaus zu gefallen wusste. Der Einsatz einer Akustikgitarre, diverser Percussionselemente und groovige Basslines bringen schöne Abwechslung rein. Kurzzeitig in die Disco zurück geht es mit „2Schritte vor“. Musste wohl sein, da es ja die erste Single des neuen Albums ist.
Eine „Fuck you“ Botschaft geht an europäische Banken raus und ist der Aufhänger für „Sandmann“, ein ungewohnt politisch angehauchtes Lied mit dem weiteren Verweis auf 3 Millionen
armutsgefährdeter Kinder in Deutschland. Das fällt dann jetzt doch sehr aus dem Rahmen und löst auch kaum Reaktionen aus. Das Set beendet der Song, der solch ein Konzert erst möglich machte. Bei ihrem Riesenerfolgssong „Augen Auf“ ist sich dann wieder die gesamte Besucherschaft einig, und endlich kann man auch mal junge Männer bei tüchtigen Leibesübungen beobachten. Die Band gibt nochmal alles und verabschiedet sich vorerst mit viel Dank von der Bühne. Das Verlangen nach  Zugabe scheint aus der Mode zu sein, trotzdem gibt es natürlich noch einen kleinen Nachschlag. Und was für einen. Frontmann Dero beweist, dass er durchaus auch als Travestiekünstler  erfolgreich sein könnte. In rotem Kleidchen tänzelt er säuselnd zu „Aus meiner Haut“ um dann den Refrain brachial und maskulin zu intonieren. Zu guter Letzt gibt es noch einen schönen Gruß an alle Castingshows , „Gott ist ein Popstar“ beendet das bunte Treiben, Band und Fans geben nochmal alles, mit gegenseitigen Liebesbekundungen verlassen OOMPH! Um 23Uhr die Bühne.
Fazit: OOMPH! Sorgen mal wieder für einen großartigen Abend. Ein ausgewogenes und überraschendes Set, welches alte und neue Fans einsammelt, wurde in einer bissigen und energiegeladenen Show präsentiert. Ihre konsequente musikalische Entwicklung/ Wandlung ist sicher streitbar und nicht jedermanns Sache, aber live macht es immer wieder Spaß. Auf die nächsten 20 Jahre!

Setlist:
Unzerstörbar
Labyrinth
Mein Schatz
Das weiße Licht
Bis der Spiegel zerbricht
Träumst du
Wunschkind
Kleinstadtboy
Mein Herz
Der neue Gott
Regen
Niemand
Gekreuzigt
Seemannsrose
Mitten ins Herz
Auf Kurs
Sex hat keine Macht
2 Schritte vor
Sandmann
Augen auf
Zugabe: Aus meiner Haut & Gott ist ein Popstar


Gastautor: Paul "der Schlitzer" McGurck

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