Donnerstag, 22. März 2012

Full Of Hate Tour 2012 Berlin - Review

01.03,2012 - Berlin, Postbahnhof
Full of Hate Tour 2012

Eine Tour, wie sie noch Ihresgleichen sucht. Mehr Geknüppel in einen Abend gepresst geht eigentlich gar nicht. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen der Hauptstadt, als die Full of Hate Tour im Fritzclub Halt machte. An jenem Donnerstag um kurz nach 17 Uhr öffnete der Club die Türen und eine Handvoll Menschen stürmten hinein. Unter der Woche schien die frühe Einlasszeit doch Spuren zu hinterlassen. Vorerst wurde man in den kleinen Raum vor der Bühne verfrachtet und konnte sich mit neuen T-Shirts, CDs oder sogar Schals ausstatten. Während 20 Euro für ein T-Shirt noch zumutbar sind, so muss man sich aber auch fragen, was einen Schal so besonders macht, dass er 15 Euro kostet? Frisch eingekleidet wurden die Pforten zur Bühne geöffnet, wo es dann um ca. 17.45 Uhr endlich losging. Berlin erwartete eine Nacht, die Spuren hinterlassen soll!
Den Anfang an diesem Abend machten NEXUS INFERIS. Die Engländer wollten die Meute sofort anheizen und sahen zumindest schon einmal besonders aus. Mit Masken und Corpsepaint kam das Quintett auf die Bühne. Musikalisch sind sie wohl in dem Grenzbereich zwischen Death und Black Metal anzusiedeln und eigentlich ein wohl gewählter Opener an diesem Abend. Doch der Fritzclub, der zu diesem Zeitpunkt nicht einmal zu einem Drittel gefüllt war, wollte sich nicht anheizen lassen. Maximal wurde ein leichtes Kopfnicken hervorgerufen und auch die dauernden Versuche von Frontmann Veracity die Fans etwas anzustacheln blieben eher unbeantwortet. Allgemein war der Zuspruch für die Engländer ziemlich mau. Einerseits lag das auch an der frühen Spielzeit und dem dadurch spärlich gefüllten Club, aber sicherlich waren viele auch gar nicht erpicht die Vorbands zu sehen, wenn die große Party erst später steigen würde. NEXUS INFERIS allerdings störten die verhaltenen Reaktionen wenig. Das Quintett von der Insel zog ihre Show durch und das mit Elan und Spielfreude, wenn auch gegen Ende des Sets die Stimme des Sängers etwas drunter litt. Allerdings weichten auch gegen Ende die ersten Berliner auf und so wurden sogar einige Headbanger im Club gesichtet. Allerdings war die Hauptstadt für NEXUS INFERIS nach 25 Minuten Spielzeit sicherlich kein großer Höhepunkt der Tour.
Sichtlich voller wurde es bei der zweiten Band des Abends. Ein Banner zierte die Bühne, wenn er auch durch das Drumset von Behemoth verdeckt wurde, so konnte man zumindest entziffern um wen es sich handelt. SUICIDAL ANGELS, die Thrasher aus Griechenland waren an der Reihe. Und plötzlich war der Fritzclub voll. Die Leute tummelten sich vor der Bühne und bevor überhaupt der erste Ton gespielt worden war, wurde die Band voller Hochspannung erwartet. Mit der Musik vom "Weißen Hai" betrat das Quartett nun die Bühne und legte sofort los. Anders als bei Nexus Inferis war Berlin hier gleich voll da und bangte, sang und schrie, was das Metalherz hergab. Trotzdem wollte Frontmann Nick diese Stimmung keineswegs verfliegen lassen und heizte die Menge immer wieder an. Beim zweiten Song "Bleeding Holocaust" wurde der erste Circle Pit des Abends gefordert. Während alles andere während des Songs wunderbar funktionierte, wie z.B. das Headbangen oder das Mitsingen des Refrains, so verpuffte der Circle Pit bereits im Ansatz. Der Stimmung tat das allerdings keinen Abbruch. Da kann man es gut nachvollziehen, dass SUICIDAL ANGELS die deutschen Shows besonders lieben, wenn man solche Reaktionen erhält. Es tat da auch keinen Abbruch, dass die geforderte Wall of Death beim finalen "Moshing Crew" nur widerwillig gestartet wurde und auch nicht wirklich funktionierte. SUICIDAL ANGELS haben musikalisch nicht unbedingt zum brutalen Gesamtpaket des Abends gepasst, haben aber aus der Not eine Tugend gemacht und das Publikum begeistert.
Diesem Fakt wollten die Amerikaner von MISERY INDEX natürlich in keinem Fall nachstehen. Zumindest das gleiche Problem mit dem Banner, der vom Drumset halb verdeckt wurde, hatte man schon einmal gemeinsam. Und mit einem Mal war die Halle zum ersten Mal bis zum Rand gefüllt. Ohne viel Tamtam kamen die vier Jungs aus Baltimore auf die Bühne und legten los. Die ersten Haare flogen sofort durch die Luft und zum ersten Mal war auch richtig Bewegung im Publikum zu sehen. Kleinere Soundprobleme wurden schnell ausgemerzt und ab Song zwei wurde der Circle Pit gefordert und siehe da - Berlin kann es doch! Doch wo Berlin langsam auftaute, waren die Jungs von MISERY INDEX noch etwas starr auf der Bühne. Man sah aber wie von Song zu Song langsam die Lockerheit durch die Amis fuhr. Sie hatten auch bei der Resonanz des Publikums keinen Grund hier nervös zu sein. Auch die ständig folgenden Anstachelungen von Frontmann Mike Harrison sorgten dafür, dass die Berliner wirklich alles aus sich rausholen wollten. Es ging zwar nicht die ganze Halle ab, aber vor allem der Raum vor der Bühne war voll dabei. Diese Tour, die von Mike Harrison "Heaviest Tour on the Planet" getauft wurde, begeisterte die Massen und MISERY INDEX konnten beim Publikum wirklich überzeugen. Die Schlagzahl bei den Songs blieb, wie üblich bei dem Quartett aus den Staaten, extrem hoch. Mit "Traitors" als letzten Song holte man noch einmal alles aus Berlin raus. Die extremen Amerikaner konnten den Fritzclub begeistern, wenn auch viele Leute noch relativ ruhig geblieben sind, weil die großen Drei erst jetzt an der Reihe waren.
Den Anfang sollte das Quartett aus dem Nachbarland machen. Mit einem großen Banner und zwei kleinen Aufstellern kamen LEGION OF THE DAMNED auf die Bühne. Die Mischung aus Thrash und Death Metal schaffte es prompt Berlin voll einzunehmen und lies die Köpfe rotieren. Mit "Legion of the Damned" als ersten Song schaffte man es sogar die Mitsingkünste der Berliner vollständig in Anspruch zu nehmen. Die Holländer wurden nach dem ersten Song schon gefeiert wie der heimliche Headliner des Abends. Auch die zwei Sätze auf Deutsch von Frontmann Maurice Swinkels riefen beim Berliner Publikum Euphorie hervor. Man hört gerne mal die eigene Muttersprache von den großen Bands auf der Bühne. Doch auch auf Englisch brach die Stimmung nicht ab. Maurice Swinkels nutzte seine Funktion als Frontmann aus und nahm allein durch seine Präsenz die ganze Bühne voll ein und zog den Club in seinen Bann. Die Songs waren wie ein Best of aus allen Alben, wobei aber die alten Songs etwas besser ankamen. Jedoch konnte Berlin so gut wie jeden Refrain mitbrüllen. Kaum war auch die erste Müdigkeitserscheinung im Publikum zu sehen, wurde man von LEGION OF THE DAMNED sofort wieder mitgerissen. Schon allein deswegen feierte Berlin das Quartett aus dem deutschen Nachbarland. Diese waren auch sichtlich berührt und auch beeindruckt durch solche Reaktionen, obwohl die zwei Brocken ja noch folgen sollten. Mit "Taste of the Whip" knallte man den Berlinern noch einen Klassiker zum Schluss um die Ohren und verließ nach 45 Minuten wie gefeierte Helden die Bühne.
Jetzt begann die erste große Umbauaktion des Abends. Das Schlagzeug wurde aufgedeckt und die Mikroständer für die Jungs aus Polen aufgestellt. Und nachdem die Bühne in Dunkelheit gehüllt wurde, jubelte das Publikum frenetisch. Die Vorfreude auf das das Death Metal-Quartett war riesig. Kaum war der erste Ton von "Ov Fire and the Void" erklungen, war BEHEMOTH der Chef im Ring. Der Saal war brechend voll und sofort begannen viele mit Headbangen und den Text mitzubrüllen. Nergal aber gab sich damit kaum zufrieden und wollte Berlin zu Höchstleistungen antreiben. Spätestens mit den Worten "Gott ist tot", die den zweiten Song "Demigod" einleiteten, hatten sie das gesamte Publikum auf ihrer Seite. Nergal forderte die Berliner immer wieder auf, noch eine Schippe draufzulegen, aber allgemein zeigten die drei vorn auf der Bühne eine Bühnenpräsenz, die unerreichbar scheint. Im Hintergrund donnerte Inferno den Drumbeat genau in den Gehörgang der Fans. Nergal konnte sogar mehr als nur zwei Sätze auf Deutsch von sich geben, was erneut Begeisterung beim Publikum auslöste. Auch "Conquer All", das mit dem Satz "Es fühlt sich gut am Leben zu sein" eingeleitet wurde, wurde gefeiert. Einerseits der Song, aber Berlin kannte auch den erfolgreichen Kampf von Nergal gegen die Leukämie an. Allerdings, so gut die Stimmung war, so mau war plötzlich die Bewegung. Viel mehr sah man dem Quartett eher ehrfürchtig zu, als das man sich bewegen wollte. Nergal forderte Berlin zwar immer wieder auf, doch auch er konnte am Ende nicht verhindern, dass viele ab der Mitte des Sets nur noch rumstanden. Auch die perfekt getimte Lightshow und der grandiose Sound, ja selbst ein einziger Crowdsurfer konnten die Bewegungsfreude nicht wieder kippen. BEHEMOTH wurden zwar gefeiert, aber gleichzeitig stand man ihnen hier viel mehr mit Bewunderung und Ehrfurcht gegenüber, als mit der Lust sich zu bewegen. Allerdings zog sich die Show gegen Ende hin, da die Songs "23 (The Youth Manifesto)" und "Lucifer" eher auf schwere musikalische Kost, als auf schnelle Riffs beschränken. Dennoch war Berlin die Reise für BEHEMOTH auf jeden Fall wert. Gefeiert vom Publikum, wenn auch mit dem faden Beigeschmack, dass v.a. die Beteiligung hätte besser sein können. Auffällig war auch, dass man v.a. bei den neueren Songs von "Evangelion" und "The Apostasy" größere Resonanz erhielt, als bei alten Songs von z.B. "Pandemonic Incantations".

Setlist:

1. Ov Fire and the Void
2. Demigod
3. Moonspell Rites
4. Conquer All
5. The Thousand Plagues I Witness
6. Alas, Lord Is Upon Me
7. The Seed ov I
8. Decade of Therion
9. At the Left Hand ov God
10. Slaves Shall Serve
11. Chant for Eschaton 2000
12. 23 (The Youth Manifesto)
13. Lucifer

Die letzte große Pause stand an und manche verließen jetzt schon den Club. Behemoth schien in Berlin eher der Headliner gewesen zu sein als die Jungs von CANNIBAL CORPSE. Das soll aber nicht heißen, dass der Club plötzlich leer war. Der Fritzclub war weiterhin knüppelnd voll und wenn man von knüppelnd spricht, dann sollte man sich eine Scheibe bei den Amis abschneiden. Ohne großes Intro oder viel Aufsehen kamen die fünf Männer auf die Bühne und begannen ihr Set mit "Evisceration Plague". Von der ersten Sekunde an bangte fast der gesamte Club und das Ziel war natürlich irgendwie mit George "Corpsegrinder" Fisher mitzuhalten. Der ging natürlich vorneweg, während Cannibal Corpse allgemein auf der Bühne ihre typische "Show" abzogen. Jeder hatte seinen Platz auf der Bühne und dort blieb man das Set über. Auch mit Ansagen hielt man sich noch zurück und man könnte fast denken, dass George Fisher noch nicht warm war. Jedoch war ab Song vier "Demented Aggression" die normale Zimmertemperatur bei Fisher erreicht, der jetzt in seinem normalen Tempo vorneweg headbangte. Das Berliner Publikum schaffte es sogar ohne Aufforderungen einen Pit zu starten. Bei "Scourge of Iron" war es dann soweit, dass George Fisher das Publikum zum headbangen aufforderte und bei "I cum blood" suchte er die Herausforderung. Man sollte versuchen mit ihm mitzuhalten, selbst wenn es niemand schaffen würde. Und wie CANNIBAL CORPSE sind, so gibt es mit "Fucked with a knife" auch einen Song, der dem einzigen jubelnden Mädchen, so sagte Fisher, gewidmet wurde. So hoch auch der Headbang-Faktor war, so ermüdend verhielt sich das Publikum aber bei der Frage ob man noch mehr Songs hören möchte. Auch für Fisher war die Reaktion fast schockierend. Doch niemand wollte gehen ohne zumindest "Hammer Smashed Face" gehört zu haben. Als letzten Song angekündigt spielten die Amis auch noch ihren Klassiker, sehr zur Freude der Fans. Trotzdem ließen sie sich aber noch zu einer Zugabe hinreißen und mit "Stripped, Raped and Strangled" entließ man die Berliner gegen halb 1 nach Hause. Für CANNIBAL CORPSE war die Show, wie für fast alle Bands an diesem Abend, ein Erfolg. Hohe Resonanz und viel Bewegung zeigten, dass die Amerikaner der verdiente Headliner war.

Setlist:

1. Evisceration Plague
2. The Time to Kill is Now
3. Disfigured
4. Demented Aggression
5. Scourge of Iron
6. I Cum Blood
7. Fucked With a Knife
8. Covered With Sores
9. Born in a Casket
10. The Wretched Spawn
11. I Will Kill You
12. Priests of Sodom
13. Unleashing the Bloodthirsty
14. Make Them Suffer
15. Hammer Smashed Face
16. Stripped, Raped and Strangled

Resümierend war es ein sehr langer Abend, an dem jeder der Anwesenden auf seine Kosten kam. Guter Song, gutes Licht und spielfreudige Bands, was will man mehr? Eventuell waren aber vier potentielle Headliner doch zu viel des Guten, denn viele wirkten am Ende k.o. Sucht man den Gewinner des Abends, müsste man Cannibal Corpse und Legion of the Damned vergleichen. Die besseren Reaktionen erhielten in dem Vergleich klar die Niederländer. Jedoch enttäuschte keine Band, denn auch Nexus Inferis gaben sich große Mühe. Nur die Müdigkeitserscheinungen des Berliner Publikums waren am Ende zu sehr sichtbar, was aber anhand des straffen Programms nachvollziehbar war. Die "Heaviest Tour on the Planet" darf allerdings gerne wieder einen Abstecher in Berlin machen - es war eine Reise wert!

Review von Lars N.

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