Samstag, 2. Januar 2010

Subway To Sally Live Potsdam Metropolis Halle

Potsdam, Metropolishalle – 30.12.2009
Subway to Sally, Letzte Instanz, Zeraphine, Omega Lithium

„Du wirst alles dir zerstören, ich kann dich nur beschwören…“…seit der diesjährigen Eisheiligen Nacht will mir dieser Satz aus dem Subway to Sally Hit „Besser du rennst“ nicht mehr so recht aus dem Kopf. Subway to Sally kratzen an einer liebgewonnenen Tradition, dem kleinen Clubkonzert am Ende des Jahres. Statt dem Lindenpark war es diesmal die sehr viel geräumigere Metropolishalle, statt dem „Abschlusskonzert“ spricht man großspurig vom „Subway-Festival“. Das heißt nichts anderes, als dass es diesmal statt einer drei Vorbands gibt. Um es vorweg zu nehmen, Subway to Sally haben natürlich ein weiteres Mal brilliert, allerdings gelingt es keiner der anderen Bands, einen wirklichen Eindruck zu hinterlassen. Die wenigsten Fans waren wegen des „Festivals“, das letztendlich doch nur ein aufgeblähtes Konzert war, da, die meisten kamen wegen der Hauptband. Und das die Metropolishalle, ein langweiliger Neubauklotz, eine ganz andere Atmosphäre als der Lindenpark hat, muss, denke ich, nicht weiter erläutert werden. Nennt mich von mir aus spießig oder ewiggestrig, aber ich wünsche Subway to Sally für das neue Jahr eine Rückbesinnung auf die gute, richtige Tradition, und die Abkehr von diesem manowaresken „Immer höher, immer weiter“.

Bereits bei der Ankunft wird klar, dass dieses Konzert trotz der hohen Hallenkapazität recht voll wird. Ausverkauft ist wohl nicht, aber auch nicht besonders weit davon entfernt. Es gibt Metaller, Gothics, ein paar Punks, Normalos und ein paar Familien, dementsprechend ist auch jedes Alter im Publikum vertreten. In der Halle herrscht ein großes Gewühl, die Shirtstände werden umfangreich beguckt. Wie immer sind die Preise niedrig und die Auswahl recht umfangreich. Auch ansonsten stimmt der Rahmen prinzipiell erstmal, Essen, Getränke und Garderobe sind ausreichend besetzt, nur zu Stoßzeiten (sprich: kurz bevor die erste Band beginnt und wenn eine Band gerade aufgehört hat, zu spielen) kann es naturgemäß zu Verzögerungen kommen. Die Bühne ist von der Größe her mit der im Huxleys vergleichbar. Die Umbauzeiten wirken ein bisschen gestreckt, gehen aber letztendlich in Ordnung.

Weniger in Ordnung gehen OMEGA LITHIUM. Die haben zwei prinzipielle Probleme: Das Publikum ist nur zum Teil auf ihren pseudodüsteren Gothic/Industrialrock geeicht, und ihre Songs sind auch einfach zu austauschbar. Ein paar Gothicgirlies in den ersten Reihen gehen halbherzig ab, ein paar Permanentstimmungsmacher brüllen bei jeder sich bietenden Gelegenheit, ansonsten ist vor der Bühne Warten angesagt. Um noch ein paar Worte zum Auftritt selbst zu verlieren: Das Sängerin Mya Mortensen und Co-Sänger und Gitarrist Malice Rime an manchen Stellen etwas daneben liegen, sei ihnen verziehen, auch wenn das bei dieser hochmelodiösen Musik einfach nur weh tut. Auf mich wirkt es so, als ob sie Probleme mit den Monitoren haben. Der absolute Witz ist allerdings, dass die sowohl soundtechnisch wie auch im Songwriting extrem dominanten Keyboards komplett vom Band kommen, und die Musiker, von Mya mal abgesehen, kaum mehr als Playbackbegleitung machen.

Das ist bei ZERAPHINE leider nicht anders. Ich hab kein Problem mit keyboardlastiger Musik, aber keyboardlastige Musik ohne Keyboard wirkt irgendwie komisch. Wahrscheinlich bin ich einfach nur ein dummer Prolet, der die Göttergaben, die ZERAPHINE darbieten, nicht zu schätzen weiß. Immerhin schafft es der Fünfer problemlos, die Gothicfraktion zu mobilisieren, und ein paar Neugierige zu interessieren. Allerdings wirkt vielen die Musik ganz offensichtlich zu cheesy und zahnlos, so dass immer noch keine Stimmung aufkommen will.

Das ist bei LETZTE INSTANZ schon etwas anders. Die rocken angenehm bodenständig und ohne große Verstärkung aus dem Off. Das macht das eher durchschnittliche Songmaterial der Band nicht besser, wirkt aber dennoch wie eine Erlösung. Was ich damit sagen möchte: In einem stärkeren Billing wäre diese Band mit ihrer heutigen Leistung gnadenlos baden gegangen. Allerdings gibt es heute halt genug Leute, die sie aufwecken können. Zudem hat Sänger Holly mehr Charisma als seine beiden Vorgänger zusammen. Er wirkt lebendig und gelöst. Also setzt man Faust, Stimme und Nacken in Gang, um das zu tun, wofür eigentlich alle drei Vorbands gedacht waren: Man wärmt sich für den Headliner auf.

Und der bringt mir gleich mal einen Fehler in der Matrix. Sprich: Ich erlebe etwas, was ich EXAKT so schon einmal erlebt habe. Besuchern der letzten Tour könnte es bekannt vorkommen: Streicherintro, eigentlich will man gleich loslegen, und dann passiert: Nix. Denn SUBWAY TO SALLY können sich nicht von ihrem Bleistarter „Komm in meinen Schlaf“ trennen. Erst bei dem übergangslos drangehängten „Aufstieg“ fliegt die Kuh…dafür aber richtig.
Ich hatte es weiter vorne ja schon einmal erwähnt: SUBWAY TO SALLY brillieren. Die Setlist gleicht bis auf zwei, drei Songs der von der Frühjahrstour, und sie hat sich offenbar bewährt. Vielleicht liegt es auch am Heimspiel, jedenfalls geben sowohl Band wie auch Publikum alles. Die neuen Songs haben sich etabliert, und mit „Minne“ gibt es auch eine Vorschau auf die nächste Akustiktour, dennoch sind es Songs wie „Falscher Heiland“, „Mephisto“ und „Unsterblich“, an denen die Stimmung am größten ist. Wobei Stimmung sowieso ein wichtiger Begriff bei einem SUBWAY TO SALLY Konzert ist. Mal laut, mal leise, mal schnell, mal langsam, mal energetisch, mal zurückhaltend, mal kämpferisch, mal melancholisch, mal fröhlich, mal wütend, SUBWAY TO SALLY bringen das alles in den guten zwei Stunden unter, die dieses Konzert dauert. Und zwar immer und überall, egal ob im Huxleys, in Wacken, im Lindenpark oder in der Metropolishalle.
Ein Vorteil der großen Halle ist die fette Pyroshow, die dankenswerterweise nie sinnlos ist, sondern gemeinsam mit der Lichtshow den Auftritt verstärkt und den Adrenalinspiegel nach oben treibt. Das ist der Intensität des Konzertes zuträglich, schafft aber nicht wie etwa bei Rammstein oder In Flames eine Distanz zwischen Band und Publikum. Nein, heute feiern alle zusammen, und Eric Fishs Ansagen mögen vor Pathos triefen, aber sie treffen die Stimmung des Abends.
Das Zugabespielchen mag lächerlich sein, da jeder weiß, dass die Band noch mal rauskommt, aber die kurze Pause sei den Musikern gegönnt, und zumindest der zweite Zugabeblock hat es noch einmal in sich. „Fatum“ und „Vater“ mögen nicht gerade Hits im Repertoire sein, aber sie entwickeln live eine Wirkung, die man ihnen definitiv nicht zugetraut hätte. Ein schöner und würdiger Abschluss, der definitiv Lust auf mehr macht.

Fazit: Da das Konzert lange gedauert hat, fährt leider keine S-Bahn mehr nach Berlin rein, wodurch meine Rückfahrt zu einer regelrechten Odysee verkommt. Dabei bleibt mir genug Zeit, über das Erlebte zu reflektieren. Nicht etwa über den Auftritt von Subway to Sally, der gehört ohne Diskussion zu den Highlights des Livejahres. Nein, es ist das Format, das mich so nachdenklich macht. Klar, es war ein toller Abend, aber etwas fehlt, die Magie des letzten Jahres. Stattdessen hatte man leider nur eine weitere Massenveranstaltung, also ein weiteres Tourkonzert. Genau das sollte der 30.12. aber niemals sein. Wenn dieses Konzert nur eines von vielen ist, verliert es seinen ganz speziellen Reiz. Nächstes Jahr steht die Akustiktour an, dann die Festivalsaison, irgendwo sieht man diese großartige Band immer. Warum also Potsdam? Das ist die Frage, die ich mir nächstes Jahr im August stellen werde, wenn es um die Planung des Konzertherbstes geht.

Review von Felix

3 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Spitzenreview ... zwar nicht mein Bandgeschmack, aber sehr geil zu lesen!

Anonym hat gesagt…

Was mich immer wundert sind diese Leute, die von Grund auf eigentlich garnicht auf so ein Konzert gehen wollen und dann einige Bands einfach zerreissen...
Nur weil ich so etwas gut liest?
Merkwürdig....
Bzgl. der S-Bahn stimme ich allerdings voll zu, dass war sch*** organisiert!

Anonym hat gesagt…

ansich mag ich ja leicht ironisch angehauchte Reviews und kann zum Teil Deinen Auführungen folgen, aber eben nur zum Teil!

Fakt ist, die Stimmung begann erst zu den Klängen von der LETZTEN INSTANZ so richtig in Fahrt zu kommen. Gut, SUBWAY 2 SALLY haben ein wenig mehr Stimmung gemacht, was die Massen in der Halle angeht, aber dass auch bei der Instanz nur "halbherziges Engagement" vorhanden war, muss ich entschieden zurückweisen!

Ich muss gestehen: ich bin ein Fan der ZERAPHINE'schen und INSTANZen Musik. Und ja, so ungern ich es zugebe, der Funken war bei ZERAPHINE musikalisch etwas schwach bzw. dürftig. Doch zu behaupten, dass Eric's Bühnenpräsenz praller war, als die von Holly (LI) und Sven (Z) zusammen ist -in meinen Augen- eine arrogantische Überbewertung vor'm Herrn und absoluter Nonsens!

Gut, ich bin absolut kein Fan S2S-Klänge, doch mag ich musikalische Sanges- und Darbietungskunst m.E. schon beurteilen. Und so charismatisch und voll da war Senor Eric wahrlich nicht!

Aber in einem stimme ich überein: sollen Subway in den nächsten Jahren ruhig ihr eigenes Ding, ohne Supportbands vornehmen ... denn lieber geniess ich die zwei "Mittel-Supports" allein, als die -für mich- nervigen S2S-Leierklänge, die seit Jahr und Tag gleich sind und nach spät. 30min extrem auf'n Sack gehen (sorry für die Ausdrucksweise).

vllt. sollte GothRock und Mittelalter-angehauchtes Gedöns nicht gemischt werden ... ich wär dafür, und Deiner subjektiven Kritik nach zu urteilen, siehst Du das nich anders!

Gruß aus Berlin

Kati