Mittwoch, 27. Oktober 2010

Watain Live Review Hellraiser Leipzig

Leipzig, Hellraiser – 22.10.2010
Watain, Deströyer 666

Nach dem extrem starken neuen Album „Lawless Darkness“ entern die irren Schweden von Watain zusammen mit den australischen Black-Thrashern Deströyer 666 die europäischen Clubbühnen, um ihre dunklen Botschaften zu verbreiten. Die ursprüngliche Vorband Otargos ist nach dem gestrigen Konzert in Berlin abgesprungen. Eine Begründung der Band liegt bisher nicht vor, Watain Vorsprecher Erik vermittelt in kryptischen Worten, dass die Band nicht zum Rest des Billings gepasst habe. Bei ehrlicher Betrachtung fehlen Otargos auch nicht wirklich. Das Konzert beginnt ein bisschen später, Watain spielen ein bisschen länger – und beide Bands sind auf der Bühne ganz offensichtlich lockerer und fokussierter als beim gestrigen Konzert in Berlin. Auch die zahlreich anwesenden Fans sind guter Stimmung und freuen sich auf das anstehende Blastbeatgemetzel. Bevor man jedoch zum musikalischen Teil übergeht, kann man noch einen Blick auf das reichhaltige Merchandiseangebot werfen. Beide Bands sind mit vielen Shirtmotiven und auch einigen Tonträgern unterwegs. Die Preise bewegen sich mit 15 Euro pro Shirt und zehn Euro pro CD im Rahmen.

DESTRÖYER 666 gehen ohne viel Vorspiel auf die Bühne und holzen von Anfang an los, was die Verstärker hergeben. Der Sound ist leider etwas matschig, die Band aber sehr spielfreudig, und das Publikum geht von Anfang an gut ab. Headbanging und emporgereckte Fäuste sind Programm und jeder Song wird bejubelt. Die Setlist ist gut durchmischt, konzentriert sich aber trotz der kürzlich erschienenen Compilation „To the devil his due“ auf die Full-Length Alben und die „Terror Abraxas“ EP. Songs wie „Trialed by fire“, „Black City – Black Fire“, „Sons of Perdition“, „I am the Wargod“ oder „I am not Decieved“ prügeln ordentlich nach vorne, ohne die Abwechslung zu vernachlässigen. Kein Wunder, das DESTRÖYER 666 trotz fehlendem Opener keineswegs als Vorband rüberkommt. Die Australier freuen sich über die starken Publikumsreaktionen und verschwinden sicher nicht mit schlechter Laune am Ende ihres Sets.

Danach nun WATAIN. Von Beginn an wird klar: Heute ist eine besondere Nacht. Und das liegt nicht an den größeren Aufbauten und auch nicht an den aufgestellten Flammenwerfern, wenngleich diese durchaus einen gewissen Anteil an der Wirkung der heutigen Show haben. Zwischen zwei Bannern und einigen mit verschiedenen Tierschädeln verzierten und Ketten behangenen Ständern ruht der kleine Altar als Mittelpunkt der Bühne direkt vor dem Schlagzeug. Die Bühne wird vor der Ankunft der Musiker hauptsächlich durch Kerzen ausgeleuchtet, was dem ganzen Aufbau eine sehr eigentümliche Stimmung verleiht. Zu einem mächtigen Orgelintro betreten die Musiker dann die Bühne, bevor sie mit „Malfeitor“ loslegen. Bereits hier wird klar, was WATAIN von vielen Black Metal Bands unterscheidet. Das eine sind ihre musikalischen Fähigkeiten, mit denen sie einen Großteil der Konkurrenz locker in die Tasche stecken. Mir fallen jedenfalls nicht viele Bands ein, die ein Monster wie „Stellarvore“ schreiben können. Das sie einen solchen Song dann auch in einer selten erreichten Intensität und Authenzität umsetzen, ist der andere Punkt. Man kann von der Inspiration von WATAIN halten, was man will, jedoch schafft diese Band es wie kaum jemand sonst, Black Metal in seiner dunkelsten Form auszudrücken, aber auch im richtigen Moment die Ketten dieses Genres zu sprengen. Die aktuelle Single „Reaping Death“ kommt mit der Brutalität eines Axthiebes über die Zuschauer, „Wolves Curse“ wirkt bei aller Erhabenheit und Melodik in jedem Moment absolut morbide und Todbringend, „Total Funeral“ ist mit seinem zynischen Rock’n’Roll Einschlag der perfekte Partysong zum Weltuntergang, „Devil’s Blood“ glänzt mit einer Mischung aus tiefschwarzer Harmonik und todbringender Brachialität. Dazu gibt es mit „Sacrifice“ einen Tribut an Bathory, wie man ihn sich besser kaum vorstellen kann. Am Ende zeigen sich WATAIN mit „Serpent’s Chalice“ noch einmal von ihrer melodischen, aber nicht weniger gefährlichen Seite.
Das ganze wird nicht nur in musikalisch überzeugender Form dargeboten, auch das Umfeld stimmt. Der Sound ist druckvoll, dabei aber trotzdem transparent. Die Flammenwerfer sorgen im richtigen Moment für den richtigen Schuss Extra-Adrenalin, um den Rausch komplett zu machen. Ebenfalls ihre Rolle spielt die recht sparsame, aber effektive Lichtshow, die auch den Kerzen immer wieder genügend Raum gibt. Dazu ist die Band jederzeit komplett bei der Sache und zwischen Genie und Wahnsinn. Entgegen der gängigen Black Metal Doktrin herrscht viel Bewegung auf der Bühne, denn die Musiker müssen Energie abbauen und lassen diese scheinbar direkt ins Publikum fließen. Da wundert es kaum, das jeder Song wie die letzte Zugabe abgefeiert wird, auch wenn sich Sänger Erik in der ersten Hälfte des Konzerts mit Ansagen zurück hält. Lediglich auf das Kippen der üblichen stinkenden Schweineblutmischung wird verzichtet – von der Bühne weht nur ein Hauch von Verwesung ins Publikum. Als dann ein Keyboardoutro erklingt, mehren sich die Zugaberufe – leider erfolglos.

Fazit: Watain zeigen sich auch ohne Stinkeblutsauerei stark wie nie. In dieser Form läuft diese Band jeder mir bekannten Black Metal Größe den Rang ab. Und das hier war eindeutig das Konzert des Jahres.

Review von Felix P.

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