Donnerstag, 21. April 2011
Obituary - Live Review K17 Berlin
Berlin, K17 – 14.4.2011
Obituary, Grave, Pathology
Grave und Obituary haben eines gemeinsam: Beide gehen nicht gerne auf Headlinertouren, sondern teilen sich lieber die Tourbusse mit anderen Bands auf großen Festivaltouren. Was liegt da näher, als mal zusammen durch die Lande zu ziehen? Vorband sind Pathology, und nur Pathology. Das könnte die größte Überraschung bei diesem Billing sein, ich hab mich schon auf einen unglaublich langen, anstrengenden Abend eingestellt. Dabei sind die Vorteile des kleinen Tourpackages unübersehbar: Gemütliche Zeitpläne, weniger Stress, Zeit für Soundchecks aller Bands, etc. Zumindest von letzterem haben auch die Zuschauer was, einen so guten Sound habe ich selten im K17 gehört. Kein Matsch, keine verschwinden Gitarrenmelodien, stattdessen ein transparenter, druckvoller Sound, der einem die Rübe um den Hals rotieren lässt und t6rotzdem alle Feinheiten rüberbringt.
Am Shirtstand gibt es CD's, Shirts, Hundemarken und allen möglichen anderen Kram zu recht humanen Preisen, dafür ärgerlicherweise keine Patches. Was soll das, kommen Aufnäher für Kutten etwa aus der Mode? Nirgendwo bekommt man mehr Patches (und wenn doch, dann häufig zu unmöglichen Preisen). Dann kauf ich halt nix und warte lieber direkt vor der Bühne auf die Bands.
PATHOLOGY legen los wie die Feuerwehr: Mit viel Tatü Tata, total schnell, aber wenn es unvernünftig wird, auch mal abbremsend. Man kann zu Grindcore stehen, wie man will, aber dieser hier ist bei alle würzigen Kürze recht abwechslungsreich und kurzweilig. Dazu bewerben sich die Saitenmusiker um den Cannibal Corpse Frickeltodpokal, während das Schlagzeug ordentlich Punch gibt und der Sänger wie ein Puma im Käfig durch die Gegend rennt. Die starke Performance wird von den Fans dann auch dementsprechend frequentiert, der Jubel ist groß, und man sieht durchaus einige Headbanger.
Dennoch ist der Unterschied zu GRAVE deutlich spürbar. Mit „Liberation“ eröffnen die Schweden einen Querschnitt durch ihre Karriere und werden von vorne bis hinten abgefeiert. Obersympathikus Ola Lindgren versprüht Charisma bis zum Geht nicht mehr und der ganzen Band kann man ihre Spielfreude anmerken. Dazu kommen die alles zermalmenden Songs, deren Höhepunkt natürlich einmal mehr „Into the Grave“ ist. Es ist eine Schande, dass diese Band immer wieder sträflich unterschätzt wird, denn es gibt im Death Metal kaum Bands von dieser Qualität – und in der gesamten brutalen Musik viel zu wenig Bands mit so viel Seele in jedem Riff.
Können OBITUARY da stimmungsmäßig noch einen draufsetzen? Sie können, obwohl ich für meinen Teil ihnen das nicht zugetraut hätte. Denn als ich OBITUARY das letzte Mal gesehen habe, war ich enttäuscht, weil die Routine wohl über die Spielfreude gesiegt hatte. Das ist heute anders. Versteh mich keiner falsch: Ein Charismabolzen wie der Grave Frontmann wird Sänger John Tardy in diesem Leben wohl nicht mehr. Dennoch ist ihm, wie auch dem Rest der Band, der Spaß an der Sache definitiv anzusehen – auch wenn Leadgitarrist Ralph Santolla offenbar ein bisschen zu tief in die Flasche geschaut hat, sich ziemlich unbeholfen bewegt und etwas untight spielt. Das macht aber die Setlist wieder wett, in die Death Metal untypisch auch ein Gitarren- und ein Schlagzeugsolo integriert ist. Der Höhepunkt des Konzertes ist natürlich „Slowly we rot“, bevor OBITUARY nach locker 70 Minuten Spielzeit von der Bühne gehen.
Fazit: Besondere Einzelkonzerte statt industrieller Massenabfertigung.
Review von Felix Patzig
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