Montag, 27. Dezember 2010

Eisbrecher Live Review Huxleys Neue Welt Berlin

Live Review
Berlin, Huxley's Neue Welt – 26.12.2010
Eisbrecher, Zin

Wir schreiben Sonntag, den 26.12.2010. Während sich die meisten vollgefressen und träge von dem großen Weihnachtsschmaus auf ihren Sofas erholen, treibt es nicht wenige der schwarzen Szene Richtung Hasenheide, HUXLEY´S NEUE WELT. EISBRECHER rufen und das Publikum kommt in Scharen – 2.Weihnachtsfeiertag, Sonntag, what ever!

Bevor die große Show starten konnte, gab allerdings die Band ZIN den Auftakt. Auch wenn das Publikum sich im Gegensatz zum Auftritt von EISBRECHER noch mehr in leichten Dehnbewegungen durch höchstens sanftes Hin- und Herwippen befand, lieferten das Quartett eine sehr interessante Show mit Glam Beats der Extraklasse. Eindrucksvoll lieferten die Vier eine Mischung aus Schrammelgitarren, Melancholie und Dancebeat, spiegeln mit ihrer neumodernen Weise wie selten eine neue Band den Geist der Zeit. Für die noch etwas licht stehenden Leute waren die Leipziger wohl noch ein wenig gewöhnungsbedürftig. Gen Ende schien es vor der Bühne dann aber doch noch Klick zu machen. Man sah die ersten Hände mitklatschend in der Höhe, aus dem seichten Schunkeln wurde ein mutiges Hin- und Herwiegen. Trotzdem reichte es für nicht mehr als 10 Sekunden Applaus am Ende ihres Auftritts. Schade eigentlich, die Jungs hätten mehr Jubel verdient, doch was kann man erwarten, wenn in allen Köpfen nur ein Wort schwirrt: EISBRECHER !

Und sie kamen! Nach knappen 30 Minuten Umbaupause war es 21.15Uhr endlich soweit. Unter lauten Gejubel wurden die sechs Bayern in der Landeshauptstadt mehr als euphorisch willkommen geheißen. Das sollte ihnen EISBRECHER zollen, begonnen wurde gleich mit dem Prunkstück ihres letzten gleichnamigen Albums „Eiszeit“ und zwar in passender Montur: eingehüllt im Arktiklook wurde die Bühne von EISBRECHER in Besitz genommen. Vom Neuesten ab zurück zu den Anfängen ins Jahr 2004, genauer zur „Angst?“, um wieder mit „Bombe“ den Sprung sechs Jahre vor zu machen. Mittlerweile hatten sich die Jungs etwas Luft verschafft, sich ihrer winterlichen Anzüge entledigt, was von ohrenbetäubendem weiblichen Gekreische begleitet wurde. Aber man muss auch zugeben, Sänger und Gründer Alexander „Alexx“ Wesselsky hat sich mit seinen nunmehr 42 wirklich gut gehalten und kann sich so ein Schmunzeln nicht verkneifen. Wo das Alter jedoch ins Mark zu stoßen scheint ist beim Gedächtnis, muss doch ein Roadie beim Akustikgitarrenständchen den Songtext dem lieben „Alexx“ vor die Nase halten. Alles mit einem ironischen Grinsen versteht sich. Genauso wie der von ihm stimmengeladene Ausruf à la Alexi Laiho gen Publikum: „Are You ready?!?“ Wer kein Humor hat, ist hier absolut fehl am Platz, wer welchen hat, wird EISBRECHER spätestens ab diesem Konzert jedem Comedyabend vorziehen. Das sah man nur allzu deutlich bei „This is Deutsch“ vom 2008 erschienen Album „Sünde“. Da hieß es für die Jungs flux rein in die Klamotten vom Jagdopi und den deutschen funktionsfähigen Roboter auf eine äußerst amüsante Weise präsentiert. Auch ein harte Metal- und kleine Rapeinlagen sollten als Runninggag nicht fehlen. Das Publikum war dermaßen begeistert, dass es Sänger „Alexx“ einen Prall gefüllten Nikolausstiefel reichte, vielleicht auch als Dank für die anfangs ins Publikum gegebene Flasche Schnaps, die inzwischen munter ihre Runde gemacht hatte. In dem Stiefel war? Genau, ein kleiner Kräuterschnaps für zwischndurch. Durch „Alexx“ sofort gelehrt und mit den Worten „schmeckt ja wie Unheilig“ kommentiert.

Doch nicht nur in Sachen satirische Comedy der Extraklasse und Umziehaktion like Madonna wurde der Menge allerhand geboten. Die Bayern rissen das Publikum nicht minder mit ihrer Musik, definitionsgemäß neue deutsche Härte mit Übergang zum Industrial, mit. Eine solche Energie können nur sehr wenige Bands mobilisieren, erst recht an einem zweiten Weihnachtsfeiertag!

Die Masse wurde, ohne dass es einen sonderlich wundert, mit jedem Song ausgelassener. Ein Höhepunkt war wohl der mit Trommeln (selbstverständlich passend im „Eiszeit“look) begleitete Song „Amok“ und gleich danach der Klassiker „Ohne Dich“ von „Antikörper“(2006). Wildes Geklatsche, ausgelassenes Tanzen in der gesamten Halle. Wer glaubt, es geht nicht besser, wurde sofort eines Besseren belehrt: „Miststück“ verwandelte das Publikum in einen mitgrölenden Chor und „Alexx“ lies es sich nicht nehmen auch einzelnen (mehr oder minder begabten aber allenfalls amüsanten) „Freiwilligen“ das Mikro unter die Nase zu halten; als große Chance, um zu beweisen, dass nicht einer der Probanden ein wenig Rhythmusgefühl besaß.
Unter ohrenbetäubendem Gejubel, Gekreisch und einem Regen aus Papierschlangen verließen EISBRECHER die Bühne, sollten aber längst nicht entlassen sein. Mit wilden Zugaberufen wurde zurück auf die Bühne beordert und so gab es zum Ausklingen die Reise zurück zum „[Mein] Blut“ 2004. Aber nichts mit Ende im Gelände, schlussendlich wurden von Alexx, Noel Pix, Jürgen und Dominik als Andenken kleine Eisbärkuscheltiere verteilt. Wenn das nicht volle deutsche Härte ist, was dann?!

Alles in allem ein absolut gelungener Abend, der die Erwartungen um ein Weites übertraf! Zwei Stunden aggressiv energische Parts über getragene Soundpassagen bis hin zu Akustikeinlagen, Comedy zum Wegschmeißen und gleichzeitige Modenschau; wo wird einem mehr geboten? Bei aller Begeisterung muss jedoch als Kritik die Konzeption der Setlist angemerkt werden. Vielleicht sollte man nicht mit einem der stärksten, bekanntesten Stücke (Eiszeit) beginnen. So machte die Show im Resümee von der Dynamik der Songs her einen mit der Zeit etwas abflauenden Eindruck.
Nichtsdestotrotz immer noch weitaus gewaltiger als viele andere Shows von Bands dieses Bekanntheitsgrades und Songabfolgen sind ja bekanntlich auch nur Geschmackssache.

Somit als Tipp für heute: Wer EISBRECHER noch nie live frönen konnte, unbedingt nachholen!

Review und Fotos von Diana M. und Marie S.

Mehr Bilder vom Abend findet ihr in unserer Facebook Gallerie.

2 Kommentare:

Flaggschiff hat gesagt…

Da hat wohl jemand Wikipedia bemüht, und dazu noch ziemlich schlecht:
"Alexander, Jochen, Felix, Rene, Maximilian und Michael"
Wer lesen kann ist klar im Vorteil denn auf http://de.wikipedia.org/wiki/Eisbrecher_(Band) steht deutlich BIS 2006 bei der Besetzung.

Die aktuelle Besetzung lautet:
Alexx, Noel Pix (Jochen), Jürgen, Dominik und Sébastian!
Auf kalt°

Wizardkira hat gesagt…

Danke für den Hinweis. Das wird gleich an die Schreiberlinge weitergeleitet.