Mittwoch, 29. August 2012

Knorkator - Zitadelle Spandau, Konzertbericht

Knorkator
25. August 2012
Zitadelle Spandau

Ein Jahr nach dem Comeback haben sich KNORKATOR das bisher größte Projekt ihrer Karriere vorgenommen: Als Köpenicker die Spandauer Zitadelle mit vier Stunden Programm und mehreren tausend Menschen zu füllen. Und man kann ruhigen Gewissens behaupten: Der Versuch ist grandios geglückt!

Unter dem Motto "Knorkator & Freundinnen" hat die Band zahlreiche (vorwiegend weibliche) Freunde, Verwandte und Bekannte eingeladen, mit ihnen den Abend zu bestreiten. Als erster darf Knorkator-Gitarrist Buzz Dee mit seiner Truppe BUZZ DEES ran, was ihm folgerichtig eine Bemerkung darüber wert ist, wie ungewöhnlich es doch sei, sich selbst zu supporten. Nichtsdestotrotz liefern Buzz Dee (g, v), Jagschn (g), Knäcke (b) und der Morgenstern (d) einen überzeugenden Auftritt ab und werden von den Knorkator-Fans entsprechend abgefeiert. Die Songs des Debütalbums "Mitkomm!" sind von bodenständiger hardrockiger Qualität; mit pentatonischen Blues-Gniedelsolos und dem knallfetten Groove des ehemaligen In-Extremo-Drummers. Zwar sind die Texte teilweise arg ostrockig-jazzig verschwurbelt ("Rhabarbermost"!), dennoch strahlen sie in Kombination mit Buzz Dees augenzwinkernden Ansagen einen ungeheuren Charme aus, der wohl einen Großteil der Anziehungskraft der "ältesten Newcomer 2011" ausmacht.

In den - zum Glück nur sehr kurzen - Umbaupausen erscheinen Stumpen und Alf Ator auf der Bühne, um im Stile althergebrachter Conférenciers das Publikum durch den Abend zu geleiten. Um diesen Abend zu etwas ganz Besonderem zu machen, wollen sie sich selbst ein paar Wünsche erfüllen, erklären die beiden Bandchefs, während sich hinter ihnen das Swingorchester "Die Damenkapelle" aufbaut. Stumpens Wunsch nach Unterhaltung im Zwanziger-Jahre-Stil kommt die achtköpfige Band mit Hüftschwung, exzellent arrangiertem Bläsersatz und reichlich Erotik (seitens der adretten Sängerin) nach. Mit Rumba, Tango und Bossanova - gemischt mit Swing und Dixieland - intonieren die Damen "Ich hasse Musik", "Der ultimative Mann" und "Geld", während sich Stumpen einige Tanzzuckungen vor Freude nicht verkneifen kann.

Anschließend wird kurz Stumpens 48. Geburtstag gefeiert; seine elfjährige Tochter Agnetha hat sich überreden lassen, Adeles "Rolling In The Deep" darzubieten, wozu eine Freundin ausgelassen tanzt. Frenetischer Applaus.

Direkt danach ist Alf Ator mit Wünschen dran; nach Stumpens Aussage soll Alf nicht umsonst Musik am Konservatorium in Schwerin studiert haben, denn er habe das vergangene halbe Jahr damit verbracht, Knorkator-Songs für ein klassisches Streichseptett zu arrangieren. Die Formation "Sieben auf einen Streich" trägt diese vor, während Alf Ator wahlweise verträumt auf einem Bühnenpodest liegt, zu "Weg nach unten" am Piano begleitet bzw. die Sopranistin Gisela für die "Absolution" auf die Bühne bittet. Gisela ist deutlich anzumerken, wie sehr sie sich angesichts des Textes das Lachen verkneifen muss - dennoch liefert sie eine umwerfende Performance ab, die an Stimmgewalt und Gänsehautfeeling alles andere an diesem Abend in den Schatten stellt. Der Applaus könnte nach anfänglicher Skepsis kaum größer sein und vollkommen zurecht wirft sich Alf anschließend vor ihr auf den Boden.

Ein weiteres Interludium durch das Streichseptett wird von Nick (d), Rajko (b) und Buzz Dee zum Entern der Bühne genutzt, dann geht es nahtlos in den ersten Song. Tosender Beifall des Publikums; das Vorprogramm zog sich doch ganz schön hin. Während Elzi & Co. in Windeseile die Notenpulte, Kabel und Stühle der klassischen Musiker von der Bühne holen, springt Stumpen bereits in einem himmelblauen Latexanzug am Bühnenrand herum. Schlag auf Schlag werden die Hits in das Quadrat des Zitadellenhofs geschmettert, wobei alle sechs Alben der Band gleichwertig behandelt werden; auf "Schmutzfink" folgt "Klartext" folgt "Extrawurst" und so weiter. Es gibt keine Verschnaufpause.

In für Zitadellenverhältnisse nachbarschaftsunfreundlicher (einem solchen Rahmen aber zum Glück angemessener) Lautstärke werden die knapp 8.000 Fans beschallt, während die Bühnendarbietung von gewohnt einzigartiger Qualität ist - egal wie viele Knorkator-Konzerte man schon gesehen hat, stets wird man von neuen Ideen überrascht und begeistert! Im Laufe des zweistündigen Konzerts werden zahlreiche Gäste auf die Bühne gebeten; u. a. darf Alf Ators Sohn Tim Tom "Arschgesicht" singen (was er mit viel Spaß und Hopsenergie tut). Für einige Songs kommt zusätzlich zu Buzz Dee die Gitarristin Jen Majura auf die Bühne, die Variété-Künstlerin Nora ("Nörchen") sowie Tiger Lilly Marleen und die beiden Backgroundsängerinnen "Mussnusch" und "Nussmusch" begleiten die Band und auch Agnetha darf noch mal ran und zusammen mit Tim Tom das "Kinderlied" singen. Tiger Lilly macht zudem eine gute Figur, als sie anstelle von Stumpen bei zwei Songs die Leadstimme singt und im großen Luftblasencrowdsurfduell gegen Nora gewinnt. Zum Schluss dürfen die zierlichen Damen Äxte und Baseballschläger in die Hand nehmen und drei Heimorgeln zertrümmern, während Jen ihre Gitarre zerkloppt, Alf Ator auf Stumpens Kopf einen Fernseher zerschlägt und Nora im Vordergrund Feuer spuckt - mehr Unterhaltung auf engem Raum geht nun wirklich nicht. Knorkator sind und bleiben "Deutschlands meiste Band der Welt" - Entertainmentkönige sind sie schon längst.

Review von Fabien Blackwater

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Bilder zum Knzert gibts dann wohl mal hier.

http://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/sets/72157631252362094/