Mittwoch, 8. Dezember 2010
Sodom - In War And Pieces (Review)
Es gab einmal Zeiten, als Kids noch auf dem Schulhof die Tapes tauschten. Jeden Monat rannte man zum Zeitschriftenhändler und verschlang alle Reviews im Metal Hammer. Hier in West-Berlin konnte man auch DT64 empfangen, das Jugendradio aus Ost-Berlin und man hockte natürlich jeden Sonntagabend neben dem Radio und schnitt alle Sendungen vom Stahlwerk mit. Eines Tages bekam ich kleiner Nachwuchsmetaller von meinem Kumpel einen importierten Sampler aus UK. „Das musst du dir reinziehen, richtig geil!“ Nun gut, Speed Kills II hieß das Ding und neben vielen weiteren guten Bands gab es einen Titel auf dem Sampler, der mich einfach umhaute. Sodom hieß die Band und der Titel war Sepulchural Voice von der Final Sign Of Evil EP. Was der Drummer dort abzog, war doch nicht mehr normal. Dieser Song schien direkt aus der Hölle zu kommen. In den Jahren später kaufte ich mir natürlich Persecution Mania und Agent Orange. Für mich gehören diese Alben bis heute zu den besten Veröffentlichungen überhaupt im Thrash Metal. Der Black-Touch (Black Metal gabs ja noch gar nicht…), den damals Sodom und Venom hatten, gebündelt mit der rauhen Energie des Ruhrpott-Thrash, ist einzigartig.
Leider gab es aber einige Umbesetzungen, der Grunge killte fast den Metal, und der Drummer Chris Witchhunter, der ja schon 1992 die Band verließ, ist inzwischen leider verstorben. Aus Sicht vieler Fans haben Sodom und ihr Mastermind Tom Angelripper nie wieder die Intensität von Agent Orange erreicht. Darüber kann man sicher geteilter Meinung sein, denn nachdem sich 1997 die jetzige Besetzung mit Tom, Bobby und Bernemann als feste Band gefunden hatte, steigerten sich Sodom mit jeder Veröffentlichung. So erschien 2006 vor ihrem 25-jährigen Jubiläum mit dem selbstbetitelten Album Sodom ihr letzter Longplayer.
Nun legen sie also ihr 13. Album vor und das ist beileibe keine Unglückszahl für diese Veröffentlichung. Denn was uns Tom und seine Mitstreiter in die Gehörgänge prügeln, wird mit Sicherheit ein Kandidat für das Album des Jahres sein. Und dabei ist es kein Werk, das sich der Thrash-Revival-Welle anbiedert. Es ist auch kein Werk, das starr in den 80ern verharrt. Es ist Sodom pur wie wir sie als Kids in den 80ern kennen gelernt haben. Rau, heavy und stets auf den Punkt gebracht. Wer hätte nochmal mit solch einem Album gerechnet?
Wenn man die Scheibe einlegt und der Titeltrack In War And Pieces startet, wird man nach einem kleinen Vorgeplänkel empfangen von einer Soundwalze, die es in sich hat. Man hat ja im Vorfeld einiges gehört vom Produzenten Waldemar Sorychta, der wahre Wunderdinge vollbracht haben sollte. Und ausnahmsweise haben die Pressetexte Recht behalten. Die Drums von Bobby haben einen Druck, der sofort zum Lautstärkeregler greifen lässt. Der Bass von Tom ballert so fies aus den Boxen, dass man sich an die alten Zeiten erinnert. Und darüber kommt ein druckvoller aber klarer Gitarrensound. Das Ganze klingt offen, aber zugleich verdammt druckvoll. Gleichzeitig ist es auch verdammt modern und irgendwo richtig oldschool. Die Stimme von Tom ist auch verdammt brutal, aber über das gesamte Album gesehen sehr abwechslungsreich. So ausdrucksvoll hat man Angelripper sicher noch nicht gehört. Der Titeltrack In War And Pieces steht mit allen seinen Qualitäten auch stellvertretend für das gesamte Album. Im Midtempo gehalten folgt mit den Soli ein Mosh-Part, der jeden Fan beim Konzert an seine Grenzen treiben wird. Das ist klassischer Thrash im zeitgemäßen Gewand.
Aber wer denkt, das wäre jetzt das Highlight gewesen, hat sich mächtig getäuscht. Mit Hellfire folgt ein Oldschool-Thrasher der Marke „Alle-Fünfe-in-die-Kauleiste“. Der Chorus ist einfach nur derb instrumentiert, speziell die Drums pushen unheimlich. Und wieder ist nach einem Break ein Mosh-Part integriert, der einfach nur straight nach vorn geht. Das folgende Through Toxic Veins steigert sich nach ruhigem Beginn immer mehr bis in den Solopart. Bernemann kann hier einmal mehr überzeugen. Nothing Counts More Than Blood kann mit einem Tom Angelripper überzeugen, der mit seiner Stimme wirklich ausdrucksvoll singen kann. Sowas hat man von Sodom auch noch nicht gehört. Storm Raging Up ist wieder ein Oldschool-Thrasher, der live sicher richtig abgehen wird. Feigned Death Throes ist ein langsamer Stampfer mit einem Uptempo-Chorus, in dem die Gitarre und der Bass richtig fies dröhnen und drücken.
Im zweiten Teil des Albums geht das Niveau keineswegs runter. Mit The Art Of Killing Poetryfindet sich ein komplexer angelegter Titel, der dennoch straff gehalten ist genauso wie God Bless You, das mit seinen Melodiebögen überzeugen kann.
Was dann folgt, ist eine Hommage, die schon längst fällig war. Der Soldat, der auf unzähligen Album-Covern zu sehen war, bekommt endlich seine „Hymne“. Knarrenheinz ist ein Mosher im klassischen Sodom-Stil und dürfte sich in Gesellschaft von Bombenhagel und Ausgebombt sicher sehr wohl fühlen.
Das Album wird abgeschlossen mit Styptic Parasite, einem Titel, der in Struktur und Melodieführungen nochmal alle Stärken dieses Albums deutlich macht.
Fazit:
Wer hätte mit diesem Wutklumpen gerechnet? Ich sicher nicht. Viele Fans haben lange auf einen würdigen Nachfolger der legendären Alben Persecution Mania und Agent Orange gewartet. Hier ist er. Das ist moderner Thrash Metal im Geiste des Oldschool-Thrash. Der Sound ist einfach genial, die Songs sind abwechslungsreich, aber nicht überladen sondern stets auf den Punkt gebracht. Es ist ein Album ohne Schwächen aber mit jeder Menge Highlights. Sie werden euch kriegen, sie werden dich nicht mehr los lassen. Sodom sind zurück: In War And Pieces!
Anspieltips: In War And Pieces, Hellfire, Storm Raging Up, Knarrenheinz, Styptic Parasite
Bewertung: 6 von 6 Punkten
Artist: Sodom
Album: In War And Pieces
Genre: Thrash Metal
VÖ: 19. November 2010
Spiellänge: 47:11 min
Label / Vertrieb: SPV / Steamhammer
Website: www.sodomized.info
Tracklist:
* In War And Pieces
* Hellfire
* Through Toxic Veins
* Nothing Counts More Than Blood
* Storm Raging Up
* Feigned Death Throes
* Soul Contraband
* God Bless You
* The Art Of Killing Poetry
* Knarrenheinz
* Styptic Parasite
Review von Ghostdog
Dieses Review entstand in Zusammenarbeit mit Pure Metal Radio.
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