Samstag, 15. September 2012

Winters – Berlin Occult Bureau (Review)


Winters – Berlin Occult Bureau
Label: Ván Records
Spielzeit: 38:23
Release: bereits erschienen
Bandseite: http://www.facebook.com/WintersOccultBureau

Tracklist:
Goodbye
Plans Within Plans
Ausländer
Schwarze Kraft
Berlin Occult Bureau
On Your Street Again
No Tomorrow
Ace Frehley
Run Run Run Run
Geistkämpfer

Wie klingt WINTERS „Berlin Occult Bureau“? Stellt euch vor, ihr seid im Großbritannien-Urlaub, habt euch aber fürchterlich verfahren und landet mitten in der Nacht bei strömendem Regen in einem kleinen Kaff, das aussieht, als wäre es einer Kurzgeschichte Edgar Allen Poes entsprungen. Der Horizont ist stockfinster und wird nur von gelegentlich aufzuckenden Blitzen erleuchtet, Wolken verdecken den Mond, in der Nähe kreischt ein Raabe und zu allem Überfluss hat eure Karre keinen Sprit mehr. Während der zahnlose, irgendwie grotesk grinsende Tankwart beim Auftanken bald einschläft, entschlie0t ihr euch fatalerweise zu einem Spaziergang über den Friedhof. Und als ihr dann vor dem kleinsten, unbedeutendsten und schmutzigsten Grab steht, schlägt plötzlich ein Blitz ein, spaltet das kümmerliche Kreuz, das anstelle eines Grabsteines aufgestellt wurde, und empor aus der Gruft steigt John Lennon. Der verblichene Hippiegott ist zerschlagen, knochig und hat verdammt schlechte Laune. Ihm ist ein bisschen schwindelig vom vielen Im-Grab-Rumdrehen bezüglich der tausenden inspirationslosen Cover seiner Werke (wobei er Ghosts 'Here Comes The Son' vermutlich sehr schätzt) und sein Kopf ist bis auf den Bart komplett haarlos, weil er sich über die tausenden Fehlinterpretationen seines Lebenswerkes so sehr die Haare gerauft hat. Auch die umliegenden Gräber öffnen sich und heraus tritt eine Begleitkapelle, die mit dem untoten Friedensbringer zusammen einen Song namens 'Goodbye' intoniert, als Opener für eine verwunschene, zwischen Okkult Rock, deftigem Doom, beatiger Beschwingtheit und einer nur noch mäßig gesunden Portion Wahnsinn sowie einer Menge finsterer Magie herumwabernde Session, deren finales Ergebnis das „Berlin Occult Bereau' ist.
Irgendwo zwischen Hippie und Horror gibt es einen Fleck, an dem künstlerische Ausdrucksweisen wertfrei zusammenstoßen können, ohne das jemand fragt, woher sie kommen und was sie aussagen wollen. Genau an diesem von undurchdringlichen Rauchfahnen in bunten LSD-Farben bedeckten Platz liegt dieses Album und zeigt sich damit als schwere Kost. Die Wurzeln liegen eindeutig im Doom, und Verbindungen zu Bands wie Uncle Acid And The Deadbeats lassen sich ziehen, natürlich garniert mit einem ordentlichen Schub Sechziger- und Siebzigereinflüssen (neben den Beatles fallen einem hier die psychedelischen Seiten von Led Zeppelin und Black Sabbath ein, dazu kommen Kiss, aber auch The Who haben ihre Spuren hinterlassen), aber neben der kruden Mischung kommt noch eine eigenwillige Umsetzung hinzu, die sich im großen und ganzen einern in diesem Genre ungewohnten Songdienlichkeit verschrieben hat, diese aber immer wieder durchbricht, bevor man sich zu sehr an sie gewohnt. Hinzu kommen kaum bestimmbrare fremdartige Elemente im Hintergrund, ungerade Takte oder hintergründige Dissonanzen, die trotz der Kompaktheit von „Berlin Occult Bereau“ verhindern, dass sich das Gesamtwerk zu schnell erschließt.
Höhepunkte hat dieses Album mehr als genug zu bieten, wer aber einen einzelnen Song zum rein hören braucht, dem empfehle ich den bereits genannten Opener 'Goodbye' oder das famose 'Ausländer'. Etwas genauer hinhören sollte man bei den Texten, die teilweise etwas kryptisch, aber vielleicht gerade deshalb passend und in jedem Fall künstlerisch wertvoll unsere Welt skizzieren.
Fazit: Ein schwieriges, aber erschließenswertes Album, das ein paar Durchgänge braucht, um zu zünden, dann aber schnell Suchtpotential entwickelt. Erwähnte ich eigentlich schon, dass Angel Witch-Kesselklopper Andy Prestridge bei WINTERS beteiligt ist? Naja, wer braucht bei diesem tollen Album schon Namedropping...

Bewertung: 9/10

Review von Felix P.

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