Samstag, 17. November 2012

Konzertbericht - Katatonia & Alcest , Huxley's, Berlin

Mit neuem Album "Dead End Kings" im Gepäck machen KATATONIA auf großer Europatournee auch in Berlin Halt. Motto des Konzerts im Huxley's: Größer, Perfekter, Beeindruckender.

Dank unpünktlichem Vorlesungsende und überpünktlichem Konzertbeginn betrete ich exakt zum Ende des Sets von JUNIUS den Saal. Persönlich juckt mich das nicht, da ich den Post-Rockern nicht viel abgewinnen kann; allerdings ist es auch nicht gerade einfach, aus den Gesichtern der Anwesenden heraus zu lesen, wie ihnen die erste Vorband gefallen hat.
Bei der zweiten Vorband, den Franzosen ALCEST, scheinen sich die Geister jedoch unweigerlich zu scheiden. Das Quartett um Frontmann und Mastermind Neige baut gefühlvolle, effektgeladene Gitarrenwände auf, die die spärlichen Gesänge fast vollends verschlucken und sich wunderbar mit dem wabernden Bühnennebel vereinen, der schon nach ein paar Minuten das gesamte Huxley's auszufüllen scheint. Vor meinem inneren Auge entstehen bei den langatmigen, jedoch zu keiner Sekunde langweiligen Songs felsige Küstenabschnitte, umringt von kalter Gischt und feinen Nebelschwaden (wobei sicherlich der Bühnennebel und die Raben-Deko von Katatonia einen unterschwelligen Einfluss auf mich haben). Schon während des ersten Songs "Autre Temps" habe ich beim Blick durch die Runde das Gefühl, dass viele der anwesenden Nicht-Metaller (und davon sind einige zugegen) sich mit der Pagan-/Prog-/Post-Mischung schwer tun. So gibt es nach dem ersten Song auch nur verhaltenen Applaus, der sich aber mit jeder weiteren Nummer immer mehr steigert. Zurecht am meisten bejubelt wird das umwerfend schöne "Percées de Lumière", welches zudem gut ein Drittel aller Anwesenden zum gemeinschaftlichen Headbangen animiert. Schade nur, dass "Summer's Glory" danach wieder etwas abfällt und den Drive des vorangegangenen Songs nicht weiterführen kann. Trotzdem ein überzeugender Auftritt der Franzosen, die sich damit sicherlich ein paar zusätzliche Fans (mich eingeschlossen) angeln konnten.
KATATONIA entern die Bühne während eines kurzen Intros, das nahtlos in "The Parting", den Opener des aktuellen Albums "Dead End Kings", übergeht, nach dem wiederum direkt "Buildings", ebenfalls vom aktuellen Album, folgt. Beide Songs bereiten dem Publikum aufgrund der komplizierten Rhythmen noch Probleme - möglicherweise besitzt auch nicht jeder Anwesende "Dead End Kings". Als nach kurzer Begrüßung durch Jonas Renkse mit "Deliberation" und "My Twin" aber zwei Gassenhauer von "The Great Cold Distance" folgen, taut das Publikum aber schon merklich auf. Leider nicht für lange, denn es gibt technische Probleme mit Per Erikssons Gitarre bzw. den Drahtlossendern der Musiker. Während die Techniker das Problem bewerkstelligen, lässt sich Renkse zu ein paar Scherzen mit dem Publikum hinreißen. Danach folgen in lockerer Reihenfolge neuere und ältere Songs, wobei die beiden ersten Alben "Dance Of December Souls" und "Brave Murder Day" wie gewohnt ausgelassen werden. Speziell die Songs der frühen 2000-er Jahre, z. B. "Teargas" und "Strained" werden hingebungsvoll vom Publikum aufgenommen und entsprechend bejubelt.
Die Band ist trotz der anfänglichen Technikprobleme und beginnendem Tourkoller ("Which day is it? Friday?") in bester Spiellaune und präsentiert sich performanceseitig stark gereift. Im Gegensatz zum letzten Berlin-Konzert Anfang 2010 ist die Bühnenpräsenz der Musiker stark gestiegen - hatten damals noch Anders Nyström und Per Eriksson das optische Übergewicht auf der Bühne, so ist anno 2012 auch Renkse beweglicher geworden und verzichtet während der gesamten 80 Minuten Spielzeit auf den Mikrofonständer, an dem er sich früher noch verzweifelt festgeklammert hat. Dezente Choreografie in den Bewegungen der Musiker erhöht zusätzlich die Präsenz, wodurch die (wie gewohnt) grandiose Lichtshow erstmalig etwas in den Hintergrund rückt.
Als das Konzert mit "Ghost Of The Sun", "July" und "Day And Then The Shade" seinen Höhepunkt erreicht, ist das Publikum schon längst Wachs in den Händen der Band. Kaum zu glauben, dass die früher so introvertierten Schweden - allen voran Jonas Renkse, dessen Offenheit heute echt erfrischend wirkt - ihr Publikum jetzt derart im Griff haben. Selbst die mehrere Minuten dauernde Technikpause zu Beginn wird vom Publikum großherzig und ohne einen einzigen Pfiff verziehen - toll! Die Zugabe mit "Dead Letters", "Forsaker" und "Leaders" kann sich überdies sehen lassen und als nach 80 tollen Minuten das Saallicht angeht, sieht man nur zufriedene Gesichter.

Review von Fabien Blackwater

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