Sonntag, 26. Juni 2011

Metalfest 2011 - Festivalbericht


METALFEST 2011 Festivalbericht
Dessau, 27.-29.5.2011

Zum zweiten Mal findet am Flughafen Dessau das Metalfest Open Air statt. Zu einem Eintrittspreis von ca. 70 Euro bekommt man drei Tage lang volles Programm auf zwei Bühnen. Zeitgleich findet das Metalfest auch in Österreich und der Schweiz statt, so dass die Bandauswahl weitgehend zwischen diesen Ländern rotiert. Zur Bandauswahl ist folgendes zu sagen: Das Billing hat sich im Vergleich zum letzten Jahr und dem Legacy Fest vor zwei Jahren gewaltig verbessert. Statt nur Bands von im Trend liegenden Musikrichtungen zu buchen, ist das Programm zwischen allen Musikrichtungen gut durchmischt, so dass für jeden etwas dabei sein sollte. Zudem hat man sich ein Beispiel am Bolt Thrower Gig im letzten Jahr genommen und weitere Besonderheiten, etwa die Oldschoolshow von Entombed oder das Deutschlanddebüt von Hell, aufs Festival geholt, um den Fans etwas besonderes bieten zu können. Dafür ein großes Lob!

Das Festivalgelände wurde grundlegend umstrukturiert. Statt im Hangar steht die zweite Bühne nun im Zelt. Das ist im Prinzip durchaus positiv zu sehen, da der Sound im Hangar, gerade wenn dieser nicht gefüllt war, ziemlich matschig und verhallt war. Dieses Problem hat man im Zelt naturgemäß nicht, da der Sound bei weichem Boden und Decke sowie offenen Seiten nicht so stark zurückgeworfen wird und die Anzahl der Besucher dementsprechend weniger relevant ist. Leider ist der Sound das ganze Wochenende hindurch auf beiden Bühnen eher mäßig. Die Gitarren sind häufig zu leise, zudem fallen auf der Hauptbühne einige Lautsprecher kurzzeitig sogar komplett aus. Dazu klagten im Nachhinein einige Musiker im Zelt über Monitorprobleme, wodurch das Zusammenspiel hörbar litt.

Der Eingang wurde zentraler gelegt, die Wege auf dem Festivalgelände verkürzt. Leider wurden Ein- und Ausgang definitiv unterdimensioniert, weshalb es gerade bei den Headlinern zu starken, extrem nervigen Verzögerungen gekommen ist. So kann man auch mal locker eine Band verpassen oder kommt nach getaner Halsmassage nicht auf den Zeltplatz zurück.

Strafverschärfend hinzu kommt die Security. Während es über die Grabensecurity absolut nichts schlechtes zu berichten gibt, sondern man im Gegenteil ein großes Lob für deren Professionalität aussprechen muss, sieht das beim Eingang anders aus: Die Kontrollen sind häufig langsam und trotzdem nicht besonders gründlich, dazu gerne mal unfreundlich. Zudem werden einige Sachverhalte, beispielsweise die Erlaubnis zum Befahren des Campinplatzes am Freitag, recht willkürlich gehandhabt. Da besteht Nachbesserungsbedarf, vor allem bezüglich des Briefings der Security, denn die Leute können auch nur bei guter Vorbereitung ordentlich arbeiten. Aber, um nochmal was positives zu sagen, gab es eigentlich Anzeichen von NSBM auf dem Gelände? Im Publikum hält es sich in sehr engen Grenzen, auch an den Ständen habe ich nicht besonders viel zu dem Thema gefunden. Lobens- und unbedingt Nachahmenswert, so wird es gemacht!
Der Metalmarkt ist, wie letztes Jahr, über weite Teile des Geländes verteilt, dabei aber definitiv kleiner. Anders sieht das mit den Fressständen. Hier gibt es so ziemlich alles, was das Herz begehrt, zu für Festivalverhältnisse recht günstigen Preisen. Ein Knackpunkt im wahrsten Sinne des Wortes ist einmal mehr der Steinboden vor der Bühne. Nicht nur, dass man sich leicht verletzen kann, der Staub killt einem im Moshpit die Lungen. Da ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sich viele Besucher aus überzähligen Shirts Touareg-ähnliche Verkleidungen basteln.
Die hygienischen Verhältnisse sind, wie sie auf einem Festival eben sind. Hier muss man der Organisation ein Lob aussprechen: Es waren genug Dixis da. Das diese irgendwann gemieft haben, ist nicht weiter verwunderlich und in aller erster Linie dem Alkoholpegel ihrer Benutzer zuzuschreiben. Ansonsten kann man für einen Euro aufs Porzellanklo, für zwei Euro Duschen und für fünf Euronen bekommt man eine Flatrate für beides.

FREITAG

Vor den meisten Hauptbühnenbands kommt eine Frau auf die Bühne, um die Band anzusagen. Leider war die Dame nicht wirklich rhetorisch begabt, sodass sie „Ausziehen“ Rufe quasi magisch angezogen hat. Das eine ist so nervig wie das andere, also bitte die Ansagerin in Zukunft weglassen.

KIVIMETSÄN DRUIDI

Man kennt sie schon vom Paganfest, und besser sind KIVIMETSÄN DRUIDI seitdem auch nicht geworden. Man mag die Bauchtanzeinlagen der Sängerin noch als Geschmackssache abstempeln, aber sie singt teils grauenhaft schief. Die dazugehörige Finntroll-meets-Nightwish Musik macht das auch nicht interessanter. Einigen Humpafans gefällt das Ganze, aber viel ist nicht vor der Bühne los, und man sieht auch häufig Verständnislosigkeit. Eine Band der Kategorie „Unnötig“.

GUNS OF MOROPOLIS

Die Drei Jungs von GUNS OF MOROPOLIS haben erst vor kurzem eine gute Plattenkritik bei uns abgegriffen. Jedoch war es nun an der Zeit, sich der Tatsache zu stellen, auf einer großen Bühne zu spielen. Schon ziemlich früh musste die Band aus Heidenheim auf die Main Stage, um ein paar Songs von ihrem neuen Album “In Dynamite We Trust” zu präsentieren. Spielerisch traten sie zwar souverän auf, doch hatten sie große Probleme die große Bühne zu nutzen. Einige Songs kamen zwar sehr gut beim Publikum an, jedoch bedarf es der Band noch an einiger Erfahrung auf einer großen Stage. Das Potential der Band ist auf jeden Fall zu sehen bzw. zu hören.

TREEB

Die jungen Berliner von TREEB mussten am ersten Tag als 2te Band im Zelt auftreten und versuchten mit aller Mühe die ca. 50 Nasen zu unterhalten. Dabei verschenkten sie nach jedem Song eines ihrer Alben um die Meute schön bei sich zu halten. Spielerich, müsste man noch etwas an der Gitarrenfraktion arbeiten, aber es war dennoch ein gut gelungener Auftritt.

MILKING THE GOATMACHINE

Das sieht bei den Grindziegen schon anders aus. Viel Verkehr ist zwar immer noch nicht vor der Bühne, aber MILKING THE GOATMACHINE können trotz ihres Blödelimages musikalisch komplett überzeugen. Der grunzende Drummer ruft angenehme Autopsy Assoziationen hervor, wenngleich die beiden Bands jetzt nicht so viel miteinander zu tun haben. Dazu schaffen es die vier Ziegen, ihren Sound bei aller Härte und Unbarmherzigkeit immer abwechslungsreich zu halten. Mal schnell, mal groovig, aber immer viehisch gut. Was ich mir noch wünschen würde, wäre eine ausgefeiltere optische Umsetzung des Ziegenkonzeptes (wie wäre es mit einem gesprengten Viehtransporter als Bühnenbild?), aber man kann ja bekanntermaßen nicht alles haben. Mäh!

MERCENARY

Die Dänen haben zwei Mitglieder (Gesang und Keyboard) verloren und sich entschlossen, ohne Ersatz zu viert weiterzumachen. Was sich erst mal merkwürdig liest, macht live durchaus Sinn. Basser René Pedersen macht den Gesangsjob mindestens genauso gut, und auch wenn die Wechselgesänge immer ein schönes Gimmick im Sound von MERCENARY waren, hat die neue Besetzung einen ganz entscheidenden Vorteil: Der neue Sound ist viel rauer und unpolierter als der der viel keyboardlastigere der Vorgängerbesetzung. Das wird bereits beim Opener „World Hate Center“ klar, bei dem sich MERCENARYS als spielstark und unverbraucht präsentieren. Die Keyboards sind zwar nach wie vor im Off dabei, sie sind aber längst nicht mehr so dominant. Dazu kommen die neuen Songs, die die Band ein weiteres Mal gereift zeigen. Wahrscheinlich werden MERCENARY nie zu den kommerziell Großen des Melodic Death Metal gehören, doch sie sind definitiv eine der besten Bands des Genres – auch wenn das hier und heute kaum jemand zu bemerken scheint, der Bühnenvorplatz ist jedenfalls ziemlich leer.

DESTRUCTION

Das diesjährige Billing hat so einiges für Thrash Fans zu bieten, und DESTRUCTION legen dabei schon mal ordentlich vor. Brachial und zerstörerisch pflügen sie durch den selben Set, der schon auf der Tour mit Overkill so gut funktioniert hat – wenn er auch viel zu kurz ist. „Mad Butcher“, „Hate is my Fuel“, „The Butcher strikes back“, „Nailed to the cross“, „Thrash till Death“, DESTRUCTION schießen heute in komprimierter Form alles zusammen. Aufgrund der kurzen Spielzeit hält sich Schmier heute mit Ansagen zurück, aber das zum ersten Mal recht zahlreich anwesende Publikum will auch lieber Musik hören und dreht zu den Thrash Heroen ordentlich ab. Da verwundert es auch nicht, dass es zum ersten Mal an diesem Tag Zugaberufe gibt.

RIMORDIAL

Mit RIMORDIAL betritt einer der absoluten Höhepunkte die Festivalbühne. Sänger Alan gehört zu den packendsten Frontmännern dieser Welt und liefert eine whiskeyschwangere Wahnsinnsperformance ab, mit der er das Publikum immer wieder anstachelt. Sein Charisma macht den Genius dieser außergewöhnlichen Band für die Festivalbesucher greifbar. Ohne Intro, ohne vorherige Ankündigung kommt er auf die Bühne und fordert vom Opener „No Grave Deep Enough“ bis hin zum abschließenden „Empire Falls“ vollen Einsatz – und er bekommt ihn! Trotz der Uneingängigkeit der Songs – neben den genannten werden „Gods to the Godless“, „Lain with the Wolf“, „Bloodied Yet Unbowned“ und das obligatorische „The Coffinships“ gespielt – geht das Publikum mit und lässt sich auf eine wahnsinnig emotionale Reise in die Tiefe ein. So spricht Alan auch am Ende davon, was für ein großes Geschenk es sein, vor einem Publikum außerhalb Irlands ein Lied über die irische Hungersnot spielen zu können und darauf solche Resonanzen zu bekommen. Einfach nur nicht von dieser Welt!

RAGE

Klassischen Metal gibt es von RAGE. Allein das ist schon eine Neuerung gegenüber dem letzten Jahr, wo es diese Musikrichtung fast gar nicht gab. Das Trio legt jedenfalls mit „The Age of Darkness“ und viel Spielfreude los. Die Setlist ist dann ein guter Querschnitt der Diskographie mit Songs wie „Hunter and Prey“ (gewidmet den Damen), „Soundchaser“ (absolut großartig), „Straight to Hell“ (Hellyeah), „Down“ (als Rausschmeißer), „Higher than the Sky“ (mit obligatorischem Mitsingteil), „Set This World On Fire“ (nochmal mitsingen), „Drop Dead“ (Mit schöner Ansage – Peavy wird misanthropisch, wenn er seine Schwiegermutter besuchen muss) und dem Orchesterstück „Empty Hollow“. Letzteres nimmt im Set naturgemäß recht viel Platz weg, ist aber eine der absoluten Gänsehautnummern, sodass sich kaum jemand ernsthaft darüber beschweren kann. Auch sonst gibt es nichts zu meckern. RAGE beweisen einmal mehr, warum sie eines der Metalurgesteine sind.

EVOCATION

Weiter geht’s im Zelt mit den Schweden EVOCATION. Die spielen Death Metal klassisch schwedischer Prägung, sind dabei aber in den Gitarren unglaublich melodiös, ohne die Härte zu vernachlässigen. Dafür gehört ihnen eine Medaille verliehen! Da ist es auch nicht wirklich verwunderlich, dass das ungefähr halbvolle Zelt Kopf steht. Und auch die Band selbst freut sich, vor dem begeisterten Publikum spielen zu dürfen. So ist es schade, wie schnell dieser Gig vorbeigeht. Wer seinen Death Metal abwechslungsreich und pfiffig arrangiert mag und nicht nur stumpf auf die Fresse braucht, sollte dieser Band unbedingt eine Chance geben.

CRADLE OF FILTH

CRADLE OF FILTH sind nicht gerade dafür bekannt, häufig Konzerte zu geben, oder eine spitzen Show zu geben. Dennoch schaffen sie es ab und an für positive Überraschungen zu sorgen. In diesem Jahr müssen sie sich erneut auf einer großen Bühne beweisen und viele Fans sind definitiv davon geblendet, ihre Band lange nicht mehr live gesehen zu haben. Was CRADLE OF FILTH da allerdings abliefern ist allerdings nicht gerade feinste (Dani) Sahne. Die hohen Kreiche von Dani sorgen für viele enttäuschte und belustigte Gesichter im Publikum. Die Gitarren sind definitiv zu leise, aber wenigstens stimmt die Songauswahl an diesem Abend.

WHILE HEAVEN WEPT

Die Doomer haben mit Scar Symetrie den Platz getauscht und sind eindeutig eher was für Gourmets. Jedenfalls ist das Zelt doch recht leer, und viele der Anwesenden wollen sich auch nur einen guten Platz für Darkened Nocturn Slaughtercult oder Entombed sichern. Davon lassen sich WHILE HEAVEN WEPT aber nicht beeindruckend. Entspannt, aber durchaus mitreißend rocken sie sich durch einen viel zu kurzen Set. Zwischen Blastbeats und Stakkato Riffing entsteht hier ein Ruhepol, und so ist es durchaus passend, dass Sänger Rain Irving dem Publikum mindestens so viele Kusshände zuwirft wie er Pommesgabeln zeigt. Das mag man albern oder dröge finden – man kann sich aber auch mal zurücklehnen und sich von den schönen Melodien tragen lassen.

DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT

Größer könnte der Kontrast zu While Heaven Wept kaum sein. Blasphemisch, rasend, finster und kalt jagt der Vierer um Frontkreischerin Onielar durch einen Highspeedset, dessen Intensität in seiner Boshaftigkeit liegt. Hierbei agieren DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT an der Grenze zwischen Authentizität und beinahe lächerlicher Überzogenheit, erzwingen auf diese Weise aber immerhin stetige Aufmerksamkeit und gleiten zu keinem Zeitpunkt ins komödiantische ab, wie es andere Black Metal Bands regelmäßig tun. Musikalisch sind die Black Metaller definitiv über jeden Zweifel erhaben und Onielar kreischt sich in höchsten Tonlagen die Seele aus dem Leib – und versprüht dabei ohne Zweifel ein dämonisches Charisma. Alles in allem eine imposante Black Metal Demonstration.

AMON AMARTH

Die Headliner des ersten Abends sind AMON AMARTH und eigentlich weiß man doch schon alles zu der Band. Super Songauswahl, geile Feuerschow, noch geileres Licht, ein verdammt großer Banner und eine gut koordinierte Band. Der Sound allerdings, ist vorne viel zu laut und wird hinten vom Wind vernichtet. Schade, denn sonst wäre alles perfekt gewesen. Wie jede andere Band des Festivals leiden auch AMON AMARTH unter der kurzen Spielzeit. Die Fans hätten sich über mehr gefreut.


ENTOMBED

Endlich ist es soweit! DIE Death Metal Band Schwedens hat uns ein Set versprochen, der nur aus Songs der ersten Alben besteht. Und ENTOMBED halten Wort und bringen uns einen brutalen Oldschoolset, der Fanherzen höher schlagen lässt. Das ist die Ursuppe des schwedischen Death Metal, und auch wenn man einige dieser Songs regelmäßig in den Livesetlists des Quintetts findet, tut es gut, sie auch mal in dieser geballten Power zu hören. Songs der Güteklasse „Left Hand Path“ schreibt einfach kaum eine Band, und auch ENTOMBED sind da nie wieder so recht herangekommen. Ansonsten hat auch die Band wie immer viel Spaß an ihrem Set, einzig Sänger L-G Pertov wirkt etwas tapsig und unkoordiniert, growlt sich aber durch die tiefsten Tiefen und kommt dabei auch noch ungemein sympathisch rüber.

SAMSTAG

TROLLFEST

TROLLFEST ziehen, nimmt man die musikalische Qualität als Maßstab, schon ziemlich viele Leute vor die Bühne. Was den Entenhumpa der Truppe wirklich interessant macht, erschließt sich mir jedenfalls nicht wirklich. Musikalisch eher belanglos und nicht mal besonders witzig werden die Songs abgespult. Für den Alkoholkonsum mag das reichen, aber wie man dazu auch musikalisch ansprechender anregen kann, beweisen Tankard kurz danach.

TANKARD

Die Frankfurter Saufziegen machen von Anfang an keine Gefangenen und legen mit ordentlicher Spielfreude los. Gerre kann keine zwei Zehntelsekunden stillstehen und sprintet über die Bühne, reißt das Publikum mit und regt es zum Mitmachen an. Dazu kommt noch eine großartige Setlist, die beweist, dass auch neuere Nummern der Marke „Stay Thirsty“ oder „Rules for Fooles“ mit altem Zeug wie „The Morning After“, „Chemical Invasion“ oder „(Empty) Tankard“ mithalten kann. Großartig!

HELL

Das Deutschland Debüt der Pioniere HELL stößt nicht wirklich auf das Interesse, auf das Band und auch Veranstalter offensichtlich gehofft haben. Nach Tankard machen viele Banger erst mal Pause und so ist der Platz vor der Bühne leider kaum gefüllt. Einige Kuttenträger bangen sich mit hohem Engagement durch das Set, ansonsten ist eher neugieriges Zuschauen angesagt. Und das lohnt sich, denn zu sehen gibt es einiges: schwarze Uniformen und weiße Schminke für die Instrumentalisten, während Sänger David Bower mit Headset und Dornenkrone die Songs dramaturgisch ausgestaltet und dabei wie ein Musicalschauspieler wirkt. Das geht hin bis zur Selbstzüchtigung, was sicherlich nicht jedermanns Sache ist. Insgesamt aber definitiv ein gutklassiger Auftritt, der Lust auf mehr macht.

MISERY INDEX

Der brutalste Act des Tages ist definitiv MISERY INDEX und was die Jungs dort vollziehen ist der reinste Wahnsinn. Schlagzeuger Adam Jarvis ist ein Tier am Instrument und sorgt für offene Münder. Und auch die Setlist lässt keine Wünsche übrig. Der Sound ist dermaßen fett, dass keine Haarsträhne der anderen gleicht. Bis auf einen Soundaussetzer an den Gitarren, gibt es bei diesem Konzert nichts auszusetzen. Oder doch? Nämlich, bitte mehr Spielzeit für MISERY INDEX. Da geht noch einiges.

BELPHEGOR

Jetzt wird es blasphemisch! BELPHEGOR gehören ohne Zweifel zu den Meistern des Black/Death Metal und beweisen das auch heute wieder mit einem brutalen Set, der einige neue Songs enthält, die zumindest live im Härtegrad nicht einen Milimeter abfallen. „In Blood - Devour This Sanctity“ steht gleichwertig neben „Belphegor – Hell's Ambassador“ oder „Bondage Goat Zombie“, Dazwischen findet auch noch „Lucifer Incestus“ Platz, und mit „Angeli Mortis De Profundis“, „Rise to Fall and Fall to Rise“ und „Impaled Upon the Tongue of Sathan“ gibt es noch drei weitere Neuvorstellungen. Zum Abschluss wird noch der Wunsch des Mobs nach nacktem Fleisch in Form einer leicht geschnürten SM-Braut mit Gasmaske erfüllt – mäßig ansehnlich, aber durchaus passend zur garstigen Musik.

VANDERBUYST

Die Holländer von VANDERBUYST sind unter Kennern definitiv die Band des Festivals. Leider haben das nicht viele genossen, denn nur knapp hundert Nasen trafen sich im Zelt um die Songs der Band abzufeiern. Aber kommen wir zum Punkt. VANDERBUYST sind einfach nur geil und jeder von euch da draußen sollte sich selber davon überzeugen. Die Leidenschaft, mit der sie ihre Songs zelebrieren ist jede Sekunde spürbar. Drei Jungs, die auf der Bühne so was von steil gehen, dass noch so einige Bands davon lernen können. Vor allem Gitarrist Willem Verbuyst legt eine so was von geile Performance hin, dass kein Mund bei diesem Auftritt geschlossen ist. Ein Muss für jeden NWOBHM und Hardrock Fan.

SODOM

Mit „In War And Pieces“ haben sich SODOM eindrucksvoll an der zuletzt schwächelnden Albenfront zurückgemeldet und das dann auch mit einer Headlinertour gefeiert. Nun auf dem Festival mit begrenzter Spielzeit sind es dann aber doch vorrangig die Klassiker die zum Zuge kommen. „Agent Orange“, „The Saw Is The Law“, „Remember The Fallen“ oder das abschließende „Bombenhagel“ sind Publikumslieblinge, die aus voller Kehle mitgebrüllt werden und für reichlich Nackenschmerzen sorgen. Leider ist gerade bei SODOM der Sound ziemlich beschissen, wodurch die Songs nicht alle sofort zu erkennen sind. Das versucht die Band mit ihrer Ausstrahlung wieder wettzumachen, was ihr auch weitgehend gelingt – Gemecker hört man im Nachhinein aber trotzdem so einiges.

WINTERSUN

Lange haben wir gewartet, um WINTERSUN mal live erleben zu können. Ursprünglich waren sie für das Legacy Fest, also 2009, angesagt. Aus diesem Auftritt wurde aber nichts, denn das Album war noch nicht fertiggestellt. Das ist heute nicht anders, dennoch trauen sich die Finnen auf die Bühne und werden dort empfangen wie verlorene Söhne. Mit einem Opener wie „Beyond The Dark Sun“ kann man ja auch nicht viel falsch machen – außer das man damit seinen größten Hit gleich zu Anfang verschossen hat. Das machen WINTERSUN aber mit der Vorstellung eines neuen Songs namens „The Way Of Fire“ wieder wett. Gelegentlich könnten die Songs für mein Verständnis ein bisschen schneller auf den Punkt kommen, dennoch liefert die Band eine beeindruckende Show ab, bei der das Publikum durchdreht.

SAXON

Nachdem Onslaught wegen Stimmproblemen ihres Sängers Sy Keeler ausfallen und die Metalcoreler Dawn of Disease einspringen, kann man sich seine Oldschoolkeule auch gleich von SAXON geben lassen. Und die lassen heute nochmal richtig die Sau raus. Es ist immer wieder erstaunlich, vor allem aber erfreulich, mit welcher Energie diese nun nicht mehr ganz jungen Herren nach wie vor zu Werke gehen. Das am 3. Juni erscheinende neue Album „Call to Arms“ wird ausführlich vorgestellt, wobei die gespielten Songs durchaus Lust auf mehr machen, vor allem der baladeske Titelsong sorgt für Gänsehaut. Zudem hat es mit „Demon Sweeny Todd“ unerwarteterweise ein „Into The Labyrinth“ Song in den Reigen geschafft, der neben den Klassikern durchaus bestehen kann – und das, obwohl das Album nun nicht gerade eine Offenbarung ist. Dazu gibt es dann natürlich noch Klassiker wie „Crusader“, „Wheels Of Steel“, „Princess Of The Night“ und „Motorcycle Man“. Zudem fahren SAXON die vermutlich protzigste Lichtshow des Festivals auf. Ein durch und durch überzeugender Auftritt!

ARAFEL

Die Israelis profitieren gerade mächtig vom Promibonus ihres neuen Frontmanns Helge, den man als ehemaligen Sänger von Equilibrium kennt. Das tut ARAFEL spürbar gut, denn auf diese Weise können sie ihre Musiker vor einem viel größeren Publikum präsentieren. Und auch wenn das Quintett keineswegs eine Sensation des Genres ist und auch nicht wirklich innovativ oder markant klingt, sind ihre Songs doch wesentlich natürlicher und weniger statisch als bei Helges Ex-Band. Genrefans bekommen also neues Futter, was nicht zuletzt an der sehr sauber und erstaunlicherweise recht unauffällig aber gefällig gespielten Geige liegt.

SECRETS OF THE MOON

Ein Lob muss man der Organisation mal machen: Die Black Metal Bands sind auf diesem Festival perfekt auf alle Tage verteilt. Gestern Darkened Nocturn Slaughtercult, morgen Helrunar und Watain und heute Belphegor und SECRETS OF THE MOON. Letztere spielen vor recht kleinem Publikum und müssen sich zudem mit uninteressierten Eisregenfans rumschlagen. Das hindert den Vierer aber nicht daran, mit dem Titelsong des noch gar nicht erschienen neuen Albums „Seven Bells“ gleich mal fulminant loszulegen. SECRETS OF THE MOON holen die drückende Finsternis ihrer Alben auf die Bühne, sind dabei aber noch doomiger, härter, rauer und überraschenderweise auch eingängiger als auf Platte. Es gibt kaum Ansagen und die Songs werden variiert und teilweise als Medleys durchgezogen. Höhepunkt ist das wieder ins Set integrierte „Miasma“ - vertonter schwarzer Wahnsinn!

SONNTAG

EXCREMENTORY GRINDFUCKERS

Der Albumtitel „Headliner der Herzen“ passt durchaus zu den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS, denn sie ziehen um 12:15 bereits eine beeindruckende Zuschauermenge vor die Bühne. Mit ihrem Spaßgrind, mit dem sie die schrecklichsten Auswüchse von Schlager und Popmusik durch den Kakao ziehen, treffen sie die Stimmung vieler Festivalbesucher. Ganz klar, hier wäre eine bessere Spielposition angebracht gewesen. Und so grindet und tanzt man sich durch eine superlustige Show und wird gleich mal mit dem Fleischwolf wachgemacht.

SUICIDAL ANGELS

Die Regelung, das Festival von Freitag bis Sonntag stattfinden zu lassen, hat einen entscheidenden Nachteil: Es gibt zum Sonntagnachmittag eine Publikumsflucht gen Heimat. Dementsprechend spielen alle nun folgenden Bands vor, im Verhältnis zu ihrer Größe, recht kleinen Kulisse. Das betrifft auch die SUICIDAL ANGELS, die mit einem Programm, das inhaltlich dem Thrashfest ähnelt, aber eine ganze Ecke routinierter dargeboten wird, durch ihre Bühnenzeit holzen. Dazu kann man sagen: Das neue Album „Dead Again“ macht die Setlist abwechslungsreicher, vor allem was Tempo und Dynamik angeht. Das tut den Griechen gut, da sie dabei auch nicht weicher, sondern nur effektiver werden.

AMORPHIS

Was soll man zu AMORPHIS groß sagen? Die Finnen sind einfach eine starke Liveband und mischen auch heute laute und leise Töne mit der ihnen eigenen Perfektion. Trotz guter, engagierter Show sind die Reaktionen allerdings ein wenig zurückhaltend. Was ist los? Müdigkeit nach drei Festivaltagen? AMORPHIS lassen sich jedenfalls nicht aus dem Konzept bringen und rocken die Bühne.

HELRUNAR

Im Zelt starten HELRUNAR ihre Frostattacken auf das leider nicht sehr zahlreich anwesende Publikum. Es ist wirklich erstaunlich, wie diese Truppe klischeetriefende Themen wie frostige Landschaften oder Paganismus behandeln kann, ohne dabei selbst zu einem Klischee zu verkommen, wie es bei 90% der Pagan/Black Metal Bands passiert. HELRUNAR haben eine ganz eigene Art des Ausdrucks gefunden und gehen in dieser komplett auf. Sie spielen Satyricon Riffs mit einer Hingabe und Frische, wie Satyricon es selbst niemals hinbekommen würden und sie transportieren die Kälte früher Mayhem, ohne deren Wahnsinn und Raserei übernehmen zu müssen. Stattdessen kochen sie ihr eigenes Süppchen, dem mit der Überhymne „Älter als das Kreuz“ noch die letzte, alles vollendende Zutat hinzugefügt wird. Auch wenn mir mal wieder „Dreifach Dorn“ fehlt: Das hier war ganz großes Ohrenkino.

KRISIUN

Im Black Metal Sandwich zwischen Helrunar und Watain fühlen sich die drei Brasilianer ausgesprochen wohl. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn ihr technischer Death Metal ist nicht nur musikalisch beeindruckend sauber gespielt, er besitzt auch etwas, das diesem bedauernswerten Genre üblicherweise eher fehlt, und das ist Identität. Die drei Brüder haben es einfach drauf, ihren brutalen wie auch uneingängigen Ohrenhappen das gewisse Etwas mitzugeben, das einen nicht nur aufs Griffbrett starren lässt, sondern auch zum Mitmachen animiert. Basser/Sänger Alex ist ein sympathischer Frontmann, der mit seinen Dankeshuldigungen genau den richtigen Ton für solche späte Festivalstunde trifft. Dazu gibt es noch einen neuen, für meine Ohren recht eingängigen Song, und damit ist auch alles in Butter. KRISIUN sind der Death Metal Höhepunkt des Festivals!

WATAIN

Während auf der Hauptbühne Sabaton wie einst Opa was vom Krieg erzählen und das schön mit Keyboards unterlegen, steht die Bühne im Zelt quasi in Flammen, weshalb kurzfristig und auch ziemlich hektisch die Feuerwehr mit einem Löschfahrzeug anrückt. Die Feuerwehrmänner werfen entsetzte Blicke zur Bühne und sprinten übers Gelände, brechen das Konzert aber nicht ab (was einen Tag davor in der Schweiz durch die Hände der Polizei tatsächlich geschehen ist). Mit zehn Minuten Verspätung legen die Schweden also los und überziehen in ihrer dunkel gesetzlosen Art um glatte zwanzig Minuten. Nach dem mächtigen Orgelintro legen WATAIN mit „Malfeitor“ los und lassen das Publikum bei „Devil's Blood“ auch mal wieder an ihrer Blutshow teilhaben – mit frischem Blut, während ihr eigener Sud mal wieder bestialisch stinkt. Auch sonst bringen WATAIN bei aller Black Metal Attitüde genug optische Reize und Showelemente in den Gig ein, Flammenwerfer werden gezündet, die Bühne ist mit Schädeln, Ketten u.ä. verziert, Sänger Eric tobt rum wie ein Besessener, gibt zwischen den Songs aber den Prediger gegen „Heuchler, Pazifisten und Bullen“. Musikalisch ist alles tiefschwarz, die Setlist ist bei der kurzen Spielzeit natürlich weitgehend Standard, „Storm of the Antichrist“, „Reaping Death“, „Sworn to the Dark“, „Rabid's Death Curse“, „Total Funeral“ und abschließend „Serpent's Chalice“ werden in intensiven, packenden und hasserfüllten Versionen dargeboten und beweisen, das WATAIN schon sehr lange in der Schwarzmetal Elite angekommen sind.

Fazit: Das Metalfest ist ein schönes Open Air, das dieses Jahr mit geilem Billing aufwarten konnte, aber organisatorisch auch noch an einigen Kinderkrankheiten litt. Wenn diese ausgeräumt werden können, vor allem was den Sound angeht, wird sich das Festival etablieren und seinen festen Platz im Festivalkalender einnehmen. Zu wünschen wäre es!

BEHIND THE STAGE

Metalfest-Sprüche der Redaktion

"Ich bin so gestorben Alter, ich dachte ich sterbe!" (Alex)

"Meine Binde rutscht." (Fabi)

"Leg doch die Scheißbirke da um, oder wat dit fürn Baum is!" (Marc)

"Schwarzwurzeln sind bestimmt gar keine Wurzeln, das ist nur so ein Name... so wie Bienenstich." (Marc)

"Freunde sind wie Kartoffeln: Wenn man sie isst, sind sie tot." (Alex)

"Athen? Ich dachte du kommst aus Griechenland." (Alex zu Tamboly)

"Warum sitzen da alte Menschen drin?" (Alex nach dem Sichten eines Autos mit Immortal-Heckscheibenaufkleber und Kennzeichen KI-LL 1234)

Für euch waren vor Ort: Felix, Berus, Diana, Fabi, Tamboly, Jäcki und Alex

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Lange nicht so viele Nazis auf nem Festival erlebt, wie hier. Die Nähe zu Magdeburg wird dafür nicht ganz unerheblich sein. Wir fahren da jedenfalls nie wieder hin.