Montag, 7. November 2011

Never Say Die Tour 2011 - Live Review Huxleys Berlin

Never Say Die Tour 2011
27.Oktober 2011
Huxleys Neue Welt


Am 27.10. ließ Impericon einmal mehr ihr Flaggschiff in Sachen jährlichen Tourprogrammen in Berlin auflaufen. Dieses Mal pickte man mit SUICIDE SILENCE einen Headliner der besonders beliebten Art. Denn nicht umsonst ließ man die Show vom Columbia Club ins fast doppelt so große Huxleys verlegen. Doch trotz des 10 Minuten späteren Einlasses füllte sich der Club nur schleppend. Vielleicht war 18.00 Uhr an einem Donnerstag auch zu früh für Berlins arbeitende Gesellschaft. Allerdings fanden sich im Laufe des Abends mehr Leute ein, sodass das Huxleys am Ende fast ausverkauft schien.
Der Abend begann dann mehr oder weniger pünktlich mit VANNA oder wie es wohl fürs Huxleys hieß "Hurra-Wir-Haben-Eine-
Nebelmaschine". Die vier Jungs versuchten mit ihrem Metalcore sofort den Ton des Abends zu treffen. Allerdings war schon den Ton hören eine große Herausforderung an diesem Abend. Denn eigentlich sind VANNA eine relativ melodische Band, jedoch versank die Lead-Gitarre im Nichts. Wahrscheinlich dachte sich das Huxleys dann, wenn man schon nichts hört, dann muss man auch nichts sehen. Obwohl VANNA wirklich eine gute Show abgeliefert haben und wenig beeindruckt von Soundproblemen oder dem Tourstress schienen, so blies der Club immer mehr Nebel in die Halle. Die Bühne war verschwunden und die Lüftung startete auch erst eine halbe Stunde später. Wenn man etwas an VANNAs Auftritt kritisieren will, dann waren es die vereinzelt schiefen Töne vom Gitarristen an den Clean Vocals. Trotz alldem war VANNA gut drauf und erinnerte noch einmal alle Anwesenden daran, dass es der letzte Tourtag sei und man sich bei Suicide Silence bedanke. Trotz Nebel und Sound versuchte man auch Bewegung in der Menge zu schaffen, diese tat sich dabei aber sehr schwer. So blieb von VANNA wenig übrig an diesem letzten Tag als eine enthusiastische Leistung trotz massiven Problemen und Tourstress und ein guter Opener, der leider vom Huxleys zunichte gemacht wurde.
Nachdem der Nebel endlich abziehen durfte und die Lüftung auch endlich die Never Say Die Tour einläutete stand schon die zweite Band auf dem Plan. Mit THE HUMAN ABSTRACT kam ein weiteres Metalcore Quintett auf die Bühne. Endlich machte der Sound mit und auch die Lüftung schien zu funktionieren. Selbst die Stimmung in der Menge war besser und viele machten von Ton 1 an mit. Doch auch wenn der Rest gut zu sein schien, so waren THE HUMAN ABSTRACT wohl sehr mitgenommen vom Tourstress. Zwar legten sie sich ins Zeug und wollten auch am letzten Tourtrag, ja auch der Metalcore Fünfer erwähnte es häufiger, alles geben. Allerdings waren sowohl die cleanen Vocals, als auch die Screams von Sänger Travis Richter oftmals schief bzw. klangen sehr gequält. Der Stimmung zur durchaus passenden Musik tat das keinen Abbruch. Doch die cleanen Gesangspassagen waren auf Dauer unerträglich und man kann Travis Richter vielleicht etwas mehr Übung nahelegen. Aber nach einer guten halben Stunde waren auch THE HUMAN ABSTRACT am Ende und, nach den obligatorischen Hinweisen und Dankesreden an Suicide Silence, hinterließen einen sehr zweigleiseigen Geschmack.
Doch jetzt wurde die Latte mit einem Mal auf ein richtig hohes Niveau gelegt. Mit dem Allegiance Intro kamen AS BLOOD RUNS BLACK auf die Bühne. Die Besetzung hat sich nach dem letzten Berlin Auftritt wieder geändert und vor allem der neue Frontmann Sonik Garcia wollte einen positiven Eindruck hinterlassen. Mit viel Spiellaune und einer Portion bestem Sound legten die Deathcorer los. Die Songauswahl konnte sich sehen lassen, so kam weder Allegiance noch Instinct zu kurz und die Hits wurden den Berlinern nur so um die Ohren geschmettert. Anders als der vorherigen Band merkte man AS BLOOD RUNS BLACK gar keinen Tourstress an, sondern nur pure Spiellaune, die von Publikum natürlich gerne angenommen und zurückgegeben wurde. Nach dem verwaschenen Sound bei Vanna saß jetzt aber wirklich jeder Ton an der richtigen Stelle und das Quintett überzeugte vollends. Auch der übermäßige Gebrauch des ominösen F-Wortes von Sänger Sonik Garcia unterstrich eher die Spiellaune von AS BLOOD RUNS BLACK an diesem Abend, als das sie ihn trübte. Kritisieren könnte man nur die kurze Spieldauer bzw. den eventuell falschen Platz an diesem Abend. Mit so einer Leistung kann man den Jungs das nächste Mal ruhig mehr zutrauen. Jetzt stimmte an diesem Abend zum ersten Mal wirklich alles. Sowohl Musik als auch Fans waren endlich in der richtigen Stimmung für die Never Say Die Tour. Und niemanden hat es gestört, dass sie nur Ersatz für Oceano waren.
Doch was alles in Sachen Sound geht zeigten dann THE WORD ALIVE. Wo As Blood Runs Black schon ordentlich vorgelegt hatten, machten die Jungs aus Arizona gleich weiter. Vor allem das Keyboard war eine nette Alternative zu dem bisherigen Geknüppel. Highlight waren aber nicht die Keyboardsounds, obwohl diese wirklich bis ins kleinste Detail stimmten und keineswegs zu laut oder zu leise waren, sondern Dusty Riach hinter dem Keyboard. Durch wilde Tanz- oder sogar Akrobatikeinlagen konnte er immer wieder auf sich aufmerksam machen. Doch nicht nur das Keyboard machte auf sich aufmerksam. Sänger Tyler Smith zeigte allen vorangegangenen Clean-Sängern dieses Abends einmal wie so ein cleaner Gesang zu klingen hat. Was bisher an diesem Abend mehr schief als schön war, wurde jetzt wirklich bis auf den Punkt vollendet. Sowohl die Screams als auch die clean Vocals waren wirklich klasse und auch sonst war alles zu hören. Gitarre, Bass und Schlagzeug waren, was an diesem Abend sich noch als Seltenheit rausstellen sollte, perfekt abgemischt. Auch THE WORD ALIVE ließen es sich nicht nehmen den letzten Tourtag zu erwähnen und noch einmal die anderen Bands anzukündigen. Alles in allem erreichte die Stimmung hier aber einen ersten Höhepunkt und man hatte nach THE WORLD ALIVE und den vorangegangenen As Blood Runs Black wirklich die Hoffnung das es nach anfänglichen Problemen mehr als nur gut enden wird. Für die Jungs aus Phoenix war es auf jeden Fall ein Erfolg vor dem kritischen Berliner Publikum.
Was nun zu sehen war, war weiß Gott keine Überraschung. Vor den Australiern von DEEZ NUTS wechselten allmählich die Leute vor der Bühne den Platz. Viele die nur für die Headliner oder den Death-/ bzw. Metalcore Bands hier waren konnten mit den Hardcorelern aus Down Under nicht viel anfangen. Doch das Quartett, was sich sowieso nicht allzu ernst nimmt, stört so etwas natürlich reichlich wenig. Und diejenigen, die sich jetzt vor die Bühne trauten machten schon ab dem ersten Ton Stimmung. Die Mischung aus Old-School Hardcore und Rap gefällt nicht jedem, doch eines ist bei DEEZ NUTS sicher - eine grandiose Show. Mit Laune an den Instrumenten und dem charismatischen Frontmann JJ Peters konnten sie das Berliner Publikum mitreißen. Aus den zwei bisherigen Alben wurden natürlich die Songs rausgepickt, die die Party im Huxleys nur richtig anheizen konnten. Und nachdem man "I hustle everyday" schon früh den Berlinern um die Ohren schmetterte war klar, dass DEEZ NUTS hier nichts anbrennen lassen werden. Doch jetzt kamen alte Probleme wieder. So wurde das Schlagzeug nur noch sehr mies gehört und einige Passagen, in denen es eine wichtige Rolle spielt, waren schlichtweg nicht zu hören. Auch die Fans waren nicht unbedingt eine Augenweide. Zwar gingen sie während der Songs sehr gut ab und machten mit den Australiern Party, doch vor allem in Sachen Textsicherheit haperte es gravierend. Wenn man nicht einmal den Songtitel in einem Song mitsingen kann, und mal ehrlich so schwer ist "Rep your hood" nicht, dann ist es schon traurig. Wenn man nun aber bei "Like there's no tomorrow" den Refrain nur mangelhaft wiedergeben kann, dann ist das nicht mehr traurig sondern unverständlich. Doch die Australier hatten genug Witz um das zu überhören. Auch sie bedankten sich noch bei Suicide Silence, wenn man auch den leicht ironischen Unterton nicht ganz verstecken konnte. Trotzdem waren DEEZ NUTS jetzt schon die dritte wirklich überzeugende Band des Abends und zwei Erfolgsgaranten sollten noch folgen.
Und mittlerweile hatte auch das Huxleys den schlechten Sound wahrgenommen, doch wenn der Sound matschig klingt, dann sollte man keineswegs alles einfach nur lauter drehen. Aber getreu dem Motto "Umso lauter es ist, umso weniger hört man den vermatschten Sound" wurde bei EMMURE gehandelt. Das Quintett aus Connecticut, die das letzte Mal als Headliner in Berlin waren, drehten auf und ballerten den Berlinern gleich den Deathcore der brutalsten Sorte um die Ohren. Und wenn man jetzt von um die Ohren ballern spricht, dann kann man das auch so nehmen. Denn die übersteuerten Gitarren waren einfach extrem zu laut. Nach nur wenigen Minuten war klar, dass zwar EMMURE hier ihrem glorreichen Live-Ruf gerecht werden würden, doch dass der Auftritt am Sound scheitern wird. Das Schlagzeug wurde zum Statisten und gerade der markante Gesang von Sänger Frank Palmeri wurde sehr weit in den Hintergrund gedrängt. In der Menge war das allerdings kein Grund für Beschwerden. Wie bei keiner Band zuvor gingen die Leute ab und tanzten, was das Zeug hält. EMMURE ließen bei Hits wie "Demos With Ryu" oder "Solar Flare Homicide" auch keine Zweifel aufkommen. Doch der Beigeschmack blieb die ganze Zeit. Auch die "Fred-Durst-Gedächnis-Moves" von Frank Palmeri konnten nicht davon ablenken. Bei der Headliner Tour im Frühjahr im Lido stimmte beim EMMIRE Auftritt alles, hier wurde man durch den Sound zerstört. Allerdings muss man ihnen zu gute halten, dass sie die enorme Spielzeit, die sie erhalten haben, bestens gefüllt haben. EMMURE ist und bleibt eine der Speerspitzen ihres Genres, auch nach diesem Auftritt hat sich daran nichts geändert.
Die große Speerspitze sollte allerdings jetzt kommen. Die wohl meist erwartetete Band des Abends war nun an der Reihe und nach der längsten Umbaupause des Abends kamen die fünf Jungs aus Kalifornien auf die Bühne um den Berlinern eine gehörige Portion aus ihren drei Erfolgsalben zu geben. SUICIDE SILENCE durfte sich vor allem auf den nimmermüden Frontmann Mitch Lucker verlassen, der, auch mit neuer Frisur, die Massen stetig anfeuerte und anheizte. Allerdings ist er live bei weitem nicht mehr so stark wie auf Platte. Während sämtliche Growls nur noch ein Schatten ihres früheren Selbst sind, waren auch die hohen Screams meist viel zu laut und völlig overpitched. Was allerdings der Band wirklich gelang war eine gewogene Mischung aus allen drei Alben zu schaffen. Trotz des neusten Longplayers "The Black Crown", welcher mit einem pompösen neuen Banner beworben wurde, kamen sowohl Songs von "No Time To Bleed" als auch von "The Cleansing" nicht zu kurz. Das Publikum gehorchte immer brav den Worten von Mitch Lucker und ob Circle Pit oder Wall of Death alles wurde getan. Dies darf man dem charismatischen Sänger wirklich anerkennen. Er tat alles um die Berliner Fans mitzureißen und wollte das niemals irgendwie auch nur irgendwo Müdigkeit zu sehen war. Beim finalen "No Pity For A Coward" holten sich SUICIDE SILENCE Verstärkung in Form der Berliner Fans auf die Bühne. Jeder der wollte gesellte sich zu dem Quintett aus Florida um mit Frontmann Mitch Lucker zu headbangen. Allerdings bewegten sich viele Fans schon leicht, manchmal auch stark, angetrunken oder wussten nicht wirklich was sie auf der Bühne machen sollten. Am Ende gab es aber doch noch das versöhnliche Headbangen auf der Huxleys Bühne. Getrübt wurde der Auftritt aber trotzdem noch durch den weiterhin viel zu lauten und viel zu matschigen Sound sowie durch die extrem kurze Spielzeit. Ein Schelm der meinen würde, dass Emmure länger auf der Bühne standen als SUICIDE SILENCE. Trotzdem waren die Kalifornier der richtige Headliner des Abends, wenn auch nur, weil die meisten Fans wirklich wegen denen hier waren.
Alles im Allem war der Club Wechsel natürlich insofern gut, als dass mehr Leute ins Huxleys passen. Ob nun der Sound im Columbia Club genauso schlecht gewesen wäre, kann niemand voraussagen. Gewinner des Abends stellt das Trio aus THE WORD ALIVE, AS BLOOD RUNS BLACK und DEEZ NUTS. Verlierer sind klar der Sound, die Nebelmaschine und der schiefe Gesang. Alles in Allem kann man sich aber auf die nächste Never Say Die Tour freuen.

Review von Lars N.

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